Power aus der Dose
Vergangenes Jahr hat die Powerline-Technik einen Kapazitätssprung von 85 auf 200 MBit/s vollzogen – und sich dadurch für den professionellen Einsatz empfohlen. Denn Internet-Service- Provider, Hotels oder Krankenhäuser haben mit ihr endlich eine günstige Netztechnik gefunden, die genügend Bandbreite liefert und sich zugleich leichter installieren und verwalten lässt als jede andere Inhouse-Variante.
Powerline gewinnt an Bedeutung. Die Netztechnik nutzt die bestehende Stromverkabelung in Gebäuden, um darüber IP-Daten zu übertragen. Dank der jüngsten Entwicklungen gelingt dies mit Brutto- Transferraten von bis zu 200 MBit/s. Diese Kraft genügt allemal, um mehrere voluminöse Datenströme wie HDTV, Videostreams und Voice-over-IP parallel zu übertragen. Vor allem Internet-Service- Provider haben aus diesem Grund Powerline für sich entdeckt. Kann die Technik doch ihre modernen Triple-Play-Dienste im Haus des Kunden verteilen, ohne dass dieser eigene Kabel verlegen müsste.
Powerline kann aber noch weitere Vorteile für sich geltend machen. Auch Wireless kommt als Inhouse-Variante kabellos daher, ist aber weitaus komplizierter zu installieren. Und das Verfahren gilt prinzipiell als weniger sicher. Powerline dagegen funktioniert nach dem Plug-and-Play- Prinzip — sofern der Kunde in einer Herstellerwelt bleibt. Denn die einzelnen Komponenten erkennen sich eigenständig. Die Verschlüsselung der Daten ist in den Standards vorgeschrieben und automatisch eingestellt.
Das Gleiche gilt für die Priorisierungsstufen und -mechanismen, die in den Powerline-Spezifikationen in verschiedenen Klassen vordefiniert sind. Darüber wird gesteuert, dass alle Daten, die hohe Übertragungsansprüche stellen, bevorzugt weitergeleitet werden. Dazu zählen vor allem Voice-over-IP-Ströme, bei denen sich degenerierende Verzögerungszeiten oder Paketverluste massiv auf die Qualität niederschlagen.
Den größten Vorteil kann Powerline aber dank der 200-MBit/s-Bandbreite für sich geltend machen. Wireless liefert erst in der 802.11n-Norm genügend Transferkraft für intensiv genutztes Triple- Play. Diese liegt aber erst als Draft vor, der Standard wird dieses Jahr wohl nicht mehr verabschiedet. Alle N-Systeme sind also unfertig.
Der Internet-Service-Provider Arcor hat Powerline bereits für das eigene IPTV-Pilotprojekt in Kassel in Betracht gezogen. Das Verfahren soll die medienreichen Inhalte in den Wohnungen seiner Kunden verteilen. »Die Technik ist eine der sichersten und kann vor allem auch längere Distanzen überbrücken«, erklärte Thomas Rompczyk, Pressesprecher bei Arcor. Bis zum Sommer kommenden Jahres will der Dienstleister das IPTV-Angebot auf 150 deutsche Städte ausweiten. Als Hersteller hat Arcor übrigens den deutschen Anbieter Devolo auserkoren. Eine endgültige Entscheidung, so ein Branchenkenner, sei aber noch nicht gefallen. So prüft Arcor auch andere Optionen wie eine optische Verkabelung. Erste Ergebnisse werden in rund vier Wochen erwartet, so Rompczyk. Auch andere Dienstleister haben bereits auf die Stromnetztechnik gesetzt. Dazu zählen Telefónica in Spanien, Belgacom in Belgien, die Telecom Italia oder Sonaecom aus Portugal. Selbst die Deutsche Telekom habe Pläne, ihr T-Home-Angebot bald per Powerline im Haus des Kunden zu verteilen.
Das Netz via Strom ist auch für andere Märkte von großem Interesse, kann es doch die wichtigsten Dienste Sprache und Web abwickeln, ohne hohe Installationskosten zu verursachen. Der Hersteller Devolo hat vergangenes Jahres eine gesonderte Abteilung »Business Solutions« gegründet, um diese Segmente gezielt anzugehen. »Wir haben einen vertikalen Ansatz gewählt und den Schwerpunkt auf den Bereich Hospitality gesetzt«, erklärte Walter Krott, Produkt-Manager Business Solutions bei Devolo. In diesem Segment hat der Hersteller bereits mehrere Pilotprojekte initiiert, sei es bei Krankenhäusern, Hotels, Seniorenheimen oder der Wohnwirtschaft. »Wir sind in jedem Hospitality- Bereich gesetzt«, so Krott. Für Systemhäuser und -integratoren, die bereits auf diesen vertikalen Märkten aktiv sind, wäre Powerline ein interessantes Betätigungsfeld.
Der Markt in Deutschland ist zu Beginn des Jahres auf drei Hersteller aufgeteilt, wie die Zahlen der GfK nahe legen. Devolo hat demzufolge rund 70 Prozent aller Komponenten ausgeliefert und ist der dominierende Player. Dahinter liegt Netgear mit etwa 20 und Allnet mit sieben Prozent Anteil. Die Machtverhältnisse werden 2007 gewiss in Bewegung geraten, sind mit D-Link und Linksys doch gewichtige Player neu hinzugekommen.