Qimonda steht am Abgrund
Alarmstufe Rot bei der angeschlagenen Infineon-Tochter Quimonda. Einem internen Schreiben des Betriebsrats zufolge ist die Existenz des Speicherherstellers ernsthaft bedroht. Die Unternehmensführung bezeichnet die Situation als »sehr ernst«
An den deutschen Qimonda- Standorten in Dresden und München herrscht Untergangsstimmung: In den letzten Monaten hat sich die Situation des ohnehin hoch defizitären Unternehmens nochmals drastisch verschlechtert. Verärgerte Betriebsräte werfen der Konzernführung im Überlebenskampf totales Versagen vor: Das »ungeheure Ausmaß « der jüngsten Sparmaßnahmen lasse »die Pläne weniger als konzipierte Sanierung denn als Zeichen planloser Verzweiflung erscheinen«, heißt es in einem internen Papier.
Ein Qimonda-Sprecher hat die warnenden Worte des Betriebsrats nicht dementiert, sondern eingeräumt, dass die Situation wirklich sehr ernst sei.
Falls der Preiskampf in der Speicherbranche in den kommenden Monaten mit unveränderter Härte anhalten sollte, dürfte das endgültige Aus für die unglückliche Infineon-Tochter wohl unausweichlich sein. Der Markt sendet keine positiven Signale aus. Die Speicherpreise befinden sich auch zum Jahresendgeschäft weiterhin im freien Fall.
Nachdem DDR2 mehr Geld vernichtet als einbringt, ruhen die Hoffnungen der Branche derzeit auf der Nachfolgertechnologie DDR3. Allerdings werden auch hier erst massive Preissenkungen den Absatz in Schwung bringen. Für ein DDR3-1333-Modul mit zwei GByte müssen Reseller derzeit mit rund 63 Euro kalkulieren. DDR2-800-Speicher ist dagegen um den Faktor 3,5 günstiger. Qimonda schreibt wegen des rapiden Preisverfalls für Speicherchips schon seit mehreren Quartalen tiefrote Zahlen. Der Verlust lag zuletzt höher als der Umsatz. Qimonda-Chef Kin-Wah Loh hat daraufhin den bestehenden Sparkurs weiter verschärft und den Abbau von rund einem Viertel aller Stellen angekündigt. An der New Yorker Börse waren die Qimonda- Titel zuletzt noch 0,12 USCent wert, seit dem Börsengang 2006 hat das Unternehmen gut 99 Prozent seiner Marktkapitalisierung verloren. Infineon hält noch 77,5 Prozent an Qimonda, will den Anteil aber händeringend loswerden, findet jedoch keinen Käufer für seine defizitäre Speichersparte. Unterdessen geht der Aderlass im Top-Management von Qimonda weiter. Nach Finanzchef Michael Majerus gibt bis zum Jahresende voraussichtlich auch Strategiechef Michael Alexander auf. Von den 3.000 Stellen, die weltweit abgebaut werden, sind vor allem die deutschen Standorte Dresden und München sowie Raleigh in den USA betroffen. Nach dem Verlust von 600 Stellen im Sommer dieses Jahres werden in Dresden nun weitere 1.000 Arbeitsplätze wegfallen. Die Unternehmensführung hofft als letzten Ausweg verzweifelt auf staatliche Hilfe. Bei einem Krisengipfel war bereits Ende Oktober Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk von hochrangigen Managern und Betriebsräten über die prekäre Lage bei Qimonda informiert worden. Um den Bestand des Technologiestandorts Dresden zu sichern, müsse die Politik handeln und bei der Suche nach einem Investor helfen, so die Forderung der Unternehmensführung.
Christian Marhöfer, Geschäftsführer bei Kingston, rechnet trotzdem aufgrund der weltweiten Finanzkrise mit einer weiteren Konsolidierung auf dem Speichermarkt: »Die Geldvernichtung unter den Chipherstellern geht weiter, daher blickt die Welt in den Abgrund einer finanziellen Kernschmelze. Dieses Gift könnte für einige schwächere Speicher-Akteure der Auslöser sein, das Handtuch zu werfen oder gleich Bankrott zu gehen«, so Marhöfer.
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