Quo vadis, Google?
Vom Suchmaschinenbetreiber hat sich Google rasant weiterentwickelt und präsentiert heute nahezu im Wochentakt neue Services und Technologien. Doch wohin steuert der Konzern? Im CRN-Exklusivinterview spricht Google-Europachef Philipp Schindler über die Philosophie des Unternehmens, die Geschäftsstrategie und welche Rolle Partner darin einnehmen.

»Unser wichtigstes Geschäftsfeld bleibt die Suche«
Als Marketingchef von AOL Deutschland brachte Philipp Schindler zur Jahrtausendwende den Werbeslogan »Bin ich schon drin?« auf den Weg, heute steckt der 37-jährige noch tiefer im »Big Business«: Schindler ist Regional Director Northern & Central Europe von Google, dem Konzern, den Branchenbeobachter als gefährlichsten Konkurrenten von IT-Gigant Microsoft handeln. Neben der Websuche ist Google inzwischen auch in den Märkten Onlinewerbung, Software as a Service und Social Communities aktiv, neue Geschäftsfelder kommen ständig hinzu. Handelt es sich dabei um einen bunten Gemischtwarenladen oder verfolgt Google eine klare Strategie? CRN traf sich bei der Eröffnung des neuen Google-Entwicklungszentrums in München zum Exklusivinterview mit Philipp Schindler.
CRN: Im Zentrum des Google-Modells stehen traditionell die Suche und das damit verbundenen Werbegeschäft. Inzwischen bietet das Unternehmen zahlreiche weitere Produkte und Services an. Welche sind heute die wichtigsten Geschäftsbereiche für Google?
Schindler: Wir bewegen uns in vier großen Geschäftsfeldern. Das wichtigste ist und bleibt die Suche, da gibt es überhaupt keine Diskussion. Und wir sind weit davon entfernt, unsere Lösungen schon perfektioniert zu haben. Das zweite nennt sich »Supercomputer«, die gesamte technologische Infrastruktur, die hinter unserem Angebot steht. Im dritten großen Geschäftsfeld befassen wir uns damit, Werbesysteme zu verbessern. Man vergisst häufig, dass unsere AdWords- und AdSense-Programme auf der Arbeit hochtalentierter Entwickler beruhen, die diese komplexen Systeme bauen. Tatsächlich ist der Werbemarkt ein Markt, der bisher sehr wenig durch IT-Systeme automatisiert wurde. Zum vierten Geschäftsfeld zählen die Software-Applikationen, der Bereich, in dem wir unsere Apps-Strategie verfolgen.
Stößt das Modell der Werbefinanzierung nicht gerade bei Applikationen wie Docs & Spreadsheets an Grenzen? Ein Nutzer, der einen Text oder eine Tabelle bearbeitet, fühlt sich womöglich durch Werbeeinblendungen gestört.
Es ist schwer abzusehen, wie sich das Geschäft auf längere Sicht entwickelt. Nach wie vor können wir viele Produkte, beispielsweise unseren Bilderdienst Picasa, bei dem wir sehr viel Speicherplatz zur Verfügung stellen, kostenlos anbieten. Damit erhöhen wir den Nutzen unseres Angebots für den Kunden und fördern so den Ausbau einer Basis loyaler Nutzer. Daneben bieten wir im Enterprise-Geschäft aber auch Services wie die »Professional Edition« der Google Apps an, für die wir ein Entgelt verlangen.
Bei der Vermarktung der Apps ist Google im September eine Kooperation mit dem IT-Dienstleister Capgemini eingegangen. Wird die Partnerschaft auch schon in Deutschland umgesetzt? Und plant Google weitere Vertriebspartnerschaften dieser Art?
Das ist eine Kooperation, die wir gerade aufbauen. Deshalb ist es zu früh, über konkrete Details der Ausgestaltung zu sprechen. Grundsätzlich sind wir aber nicht so vermessen zu glauben, wir könnten alle Themen eigenständig entwickeln. Das gesamte Google-Modell basiert immer auf dem Ökosystem-Gedanken: Es gibt das Ökosystem Advertiser-Publisher-Google, aber es gibt auch andere Ökosysteme, die auf der Zusammenarbeit mit Resellern oder IT-Dienstleistern beruhen. Ganz entscheidend ist: Die fundamentale Säule des Google-Modells besteht darin, mit Partnern zusammen zu arbeiten und Erfolge zu teilen. Vielleicht haben wir das in der Vergangenheit nicht immer so klar kommuniziert: Ohne Partnerschaften läuft bei Google gar nichts.