»Große Unwägbarkeiten«

Rechtliche Stolperfallen beim Handel über Amazon

23. Januar 2012, 14:35 Uhr | Nadine Kasszian

Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Kann diese Bewertung auch für die Fälle des Affiliate-Marketing bei Amazons PartnerNet gelten?

Kann diese Bewertung auch für die Fälle des Affiliate-Marketing bei Amazons PartnerNet gelten?

Schließlich werden die Informationen entweder vom Händler (wenn das beworbene Produkt vom Amazon Marketplace stammt) oder direkt von Amazon bereitgestellt und der Affiliate übernimmt die Daten – oftmals automatisiert – auf seine Webseite. So ist es beispielsweise möglich durch die Auswahl von bestimmten Kategorien, Themen oder Stichwörtern passende Artikel zu finden, welche dann auf der Internetseite des Partnerprogrammteilnehmers dargestellt werden. In diesem Falle hat der Betreiber überhaupt keine Kenntnis von eventuellen Rechtsverstößen, welche in den übernommenen Daten bereits vorhanden sind. Hinzu kommt noch, dass die bereitgestellten Daten dynamisch sind, sich also unter Umständen nach Integration auf eine Internetseite ändern (anderes Produktbild, anderer Produkttext, etc.). Auch in diesem Fall, kann es zu einer Rechtsverletzung kommen, ohne dass der betroffene Betreiber Kenntnis erlangt.

Klar ist: Sobald der Affiliate Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt, muss er einschreiten und das entsprechende Werbemittel entfernen oder anderweitig für wettbewerbskonformes Verhalten sorgen. Auch bei offensichtlichen Rechtsverstößen, also Verstöße die einen förmlich »anspringen«, könnte der Affiliate wohl in Anspruch genommen werden. Ein gesundes Maß an Aufmerksamkeit schadet also keinem Partnerprogramm-Teilnehmer, denn einen Freifahrtschein hat man als Affiliate nicht.

Im Falle einer Abmahnung ist die Abgabe einer Unterlassungserklärung jedenfalls wirtschaftlich extrem riskant, da es jederzeit erneut zu einem Wettbewerbsverstoß kommen kann, ohne dass der Affiliate hierauf Einfluss nehmen könnte.

»Ranhängen« an fremde Beschreibungen/Bilder

Die Amazon-AGBs für den Marketplace regeln, dass Amazon ein Nutzungsrecht an allen Produktinformationen (also Bildern und Texten) eingeräumt wird. In Abschnitt A. XIII. der AGB heißt es: »Die Teilnehmer übertragen Amazon ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen sowie Datenbanken oder jedem anderen Katalog oder jeder anderen Produktinformation, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von Amazon an Amazon übermitteln (mit Ausnahme jedes Firmenzeichens, jeder Schutzmarke oder anderen ähnlichen Brandings),einschließlich des Rechts, diese Inhalte in Printmedien, online, auf CD-ROM etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken.«

Derjenige, der erstmals ein Produkt bei Amazon verkaufen möchte und deshalb Beschreibung sowie Bilder online stellt und an Amazon übermittelt, hat Arbeit, wofür er jedoch keine Vergütung erhält. Das wäre noch zu verschmerzen, schließlich darf man ja im Gegenzug sein Produkt über Amazon verkaufen (auch wenn die Verkaufsprovision an Amazon mit einzukalkulieren ist). Ärgerlich ist es dann nur, wenn sich Dritte einfach an das bestehende Angebot eines Händlers »dranhängen« und das Produkt selbst verkaufen, wobei auf die vom ersten Händler eingereichte Beschreibung und Fotos zurückgegriffen wird. Gerade dieses »Ranhängen« an ein bestehendes Angebot (eines anderen Händlers) ist das Besondere am Amazon-Marketplace: Der gleiche Artikel kann von verschiedenen Händlern angeboten werden, wobei immer die zuerst eingereichte Beschreibung nebst Artikelbild verwendet wird. Also anders als etwa im Rahmen einer Ebay-Auktion wo jeder Händler selbst für Text und Bilder zu sorgen hat, teilen sich bei Amazon mehrere Händler eine Beschreibung.

Wenn man von der Wirksamkeit der Amazon-Klausel hinsichtlich der Rechtseinräumung zur Nutzung der Bilder und Beschreibungen einmal ausgeht, dürfen die Bilder der fremden Händler übernommen werden und eigene Angebote unter diesen gelistet werden. Es gibt jedoch Ausnahmen: Etwas anderes soll laut dem LG Nürnberg-Fürth immer dann gelten, wenn auf den Bildern eine geschützte Unternehmensbezeichnung, ein (Handels-)Name oder eine Marke abgebildet ist. Für diesen Fall greift ist die Klausel von Amazon unwirksam ( §§ 305c Abs. 1, 307 BGB) , somit kann sich Amazon die Rechte an den betreffenden Bildern nicht sichern und auch nicht an andere Händler weitere Lizenzen vergeben.

Diese Bestimmung ist so ungewöhnlich, dass der Vertragspartner des Verwenders nicht mit zu rechnen braucht, sie wird nicht Vertragsbestandteil. Die Verwendung der Marken, Handelsnamen sowie der Namen und Darstellungen der Personen, die sich an der Amazon-Internetplattform beteiligen, durch Firma Amazon ist nicht vertragstypspezifisch. Ein Bedürfnis nach einer derartigen Verwendung ist nicht ersichtlich. Daher unterfiele die Klausel dem § 305c Abs. 1 BGB auch dann, falls auf dem Markt Verträge des streitgegenständlichen Typs wie zwischen dem Kläger und der Firma Amazon so gut wie ausschließlich auf der Grundlage solcher AGB bzw. Klauseln geschlossen zu werden pflegen. Bestimmungen in AGB werden nicht schon dadurch zu üblichen Klauseln, dass das Klauselwerk, in dem sie stehen, sehr weit verbreitet ist.


  1. Rechtliche Stolperfallen beim Handel über Amazon
  2. Sind Preisangaben auf Amazon rechtskonform darstellbar?
  3. Kann diese Bewertung auch für die Fälle des Affiliate-Marketing bei Amazons PartnerNet gelten?
  4. Nachträgliche Änderung der Artikelbeschreibung
  5. Rechtsverletzung durch ein falsches Produktfoto?
  6. Stellt die Mitbenutzung der EAN (bzw. GTIN bzw. ASIN) einen Wettbewerbsverstoß dar?
  7. Ist eine rechtskonforme Einbindung der Händler-AGB/ Widerrufsbelehrung auf Amazon überhaupt möglich?

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