Mobilität der Zukunft

Teamwork statt Rivalitätsdenken

20. Juli 2020, 13:58 Uhr | Autor: Pedro Pacheco / Redaktion: Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Partnerschaften und Konsolidierungen

Batteriesystem E-Antrieb
Der Modulare E-Antriebs-Baukasten, kurz MEB, ist ein Baukastensystem für Elektroautos, das bei Volkswagen seit 2015 entwickelt wird. Der Autobauer bezeichnet mit diesem Begriff seine Umsetzung des „Skateboard-Konzepts“, bei dem die Antriebsbatterie in einem stabilen Rahmen zwischen den Achsen im Unterboden platziert wird und der E-Motor und die Leistungselektronik an die Vorder- und/oder Hinterachse kommen. Wie bei anderen Plattformen für Automobile können darauf äußerlich unterschiedliche Karosserien aufgebaut werden. Anfang 2019 wurde berichtet, dass VW den MEB auch Wettbewerbern anbietet und damit die Technik als Industriestandard für Elektroautos etablieren möchte.
© Volkswagen

Insgesamt sind die Unternehmen jedoch skeptischer gegenüber autonomer Technologie geworden. Daimlers neuer CEO Ola Källenius sagte Ende 2019, dass er die Ausgaben dafür kürzen werde und dass die Branche die Herausforderungen unterschätzt habe. Es gibt zudem bereits Anzeichen für eine Konsolidierung: Volkswagen schließt sich mit Ford zusammen, um mit dem Start-up Argo AI zusammenzuarbeiten. BMW und Daimler kollaborieren und General Motors und Honda bündeln ihre Entwicklungsanstrengungen. Apple, das an einem geheimen Automobilprojekt gearbeitet hat, kaufte 2019 das vielversprechende Start-up Drive.ai. Diese Partnerschaften sind ein Zeichen für die steigenden Kosten bei gleichzeitig hohem Potenzial des autonomen Fahrens.

Als ein Hindernis für das autonome Fahren haben sich in der Vergangenheit bestimmte gesetzliche Regelungen entpuppt. Es ist wichtig, rechtliche Rahmenbedingungen, die das Testen oder Erproben von autonomen Fahrzeugen erlauben, von denen zu unterscheiden, die den Verkauf und die serienmäßige Nutzung ermöglichen. Es werden hier jedoch Fortschritte erzielt: Einige Länder haben damit begonnen, die Technologie für die öffentliche Standardnutzung freizugeben. So hat Japan beispielsweise bereits die Einführung der Autonomie der Stufe 3 bei Serienfahrzeugen genehmigt, allerdings nur in bestimmten Situationen wie zum Beispiel bei Verkehrsstaus und auf Autobahnen. Das Gesetz soll im Mai 2020 in Kraft treten.

Wichtig ist der Aufbau von Partnerschaften mit anderen Akteuren, um schnelle, aber solide Fortschritte, zum Beispiel bei der autonomen Antriebsentwicklung, zu erzielen. Die etablierten Entwicklungs-, Test- und Einführungsrahmen können ein hohes Maß an Sicherheit bieten. Die Fusion von Fiat Chrysler Automobiles (FCA) mit der Groupe PSA ist ein bedeutendes Ereignis in der Branche, durch das einer der größten Automobilhersteller der Welt entstanden ist. Solche Fusionen werden vermutlich auch in Zukunft nicht alltäglich. Gartner geht jedoch davon aus, dass der finanzielle Druck, in teure neue Technologien wie Elektrifizierung und Autonomie zu investieren, die Autofirmen zu mehr Partnerschaften zwingen wird. Die Art der Partnerschaften wird sich zudem diversifizieren. Zum Beispiel fördert das derzeitige Umfeld die Nutzung von Open-Source-Technologien. Ein gutes Beispiel ist die Open-Source-Entwicklung der modularen elektrischen Matrix-Plattform für Elektroantriebe von VW mit Ford. Andere Unternehmen könnten folgen. Darüber hinaus könnte sich die Zukunft der weltweit größten Partnerschaft von Automobilunternehmen, Renault-Nissan-Mitsubishi, verändern, da sich die Führung bei Nissan nach dem Ausscheiden des langjährigen CEOs Carlos Ghosn weiterentwickelt. Rivalitäten müssen daher überwunden werden. Stattdessen sollten sich die Hersteller auf die Zusammenarbeit mit anderen Akteuren und Konkurrenten konzentrieren. Dafür müssen sie die Projekte auswählen, die hohe Investitionen oder kurze Zeiträume erfordern. Für die Zusammenarbeit kommen mehrere Modelle in Frage, was davon abhängt, was für die jeweilige Situation am sinnvollsten ist.

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Nissan Lead, vollautonomes Fahren
Der Nissan „Leaf“ bei seiner vollautonomen Fahrt Anfang des Jahres durch Großbritannien. Das Elektroauto absolvierte eine insgesamt 370 Kilometer (230 Meilen) lange Strecke quer durch England. Der sogenannte „Grand Drive“ war das Ergebnis einer 30-monatigen Arbeit des „Human Drive“-Konsortiums. Unter der Leitung vonNissan-Ingenieuren forschen die Mitglieder am autonomen Fahren. Ziel ist unter anderem die Entwicklung einer lernenden, autonomen Fahrzeugsteuerung, die eine möglichst natürliche und menschliche Fahrweise simuliert.
© Nissan

Kosten reduzieren
Im Jahr 2020 werden weltweit wahrscheinlich weniger Autos verkauft als im Vorjahr. Die sich verlangsamende Wirtschaft in den meisten großen Märkten der Welt hat bereits 2019 zu einem Rückgang der Automobilverkäufe geführt und 2020 scheint ähnlich oder noch schlimmer zu werden – je nachdem, wie die Handelsfragen zwischen den USA und mehreren Handelspartnern gelöst werden. Als Reaktion haben die Autohersteller und mehrere Zulieferer bereits Anstrengungen zur Reduzierung der Mitarbeiterzahl unternommen. Unternehmen müssen daher einen Plan zur Kostenreduzierung aufstellen, da die durch die Einführung neuer Technologien immer Ausgaben entstehen. Wo kann an der bisherigen Architektur angesetzt werden und wo können neue Tools die Kosten senken? Auch Künstliche Intelligenz kann dabei eine hilfreiche Rolle spielen.

Wichtige Beschlüsse stellen Weichen
Dieses Jahr wird spannende neue Entwicklungen und mitunter Ideen zur Serienreife bringen, die bislang nur theoretisch möglich waren. Entscheidend ist dabei der kollaborative Impuls der Automobilhersteller. Da diese spannenden, neuen Technologien nicht von einem Hersteller allein auf den Markt gebracht werden können, braucht es dafür neue Herangehensweisen und eine intensive Zusammenarbeit.

Pedro Pacheco, Senior Director Analyst bei Gartner


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