Es ist somit grundsätzlich gesetzlich zulässig, fremde Mitarbeiter abzuwerben. Dies stellt nur in Ausnahmefällen eine wettbewerbswidrige Handlung dar.
Wie sehen die Rechte eines Arbeitgebers aber aus, wenn sein Vertragspartner Mitarbeiter abwirbt? Eine solche Abwerbung geschieht häufig, wenn IT-Spezialisten im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen beim Auftraggeber arbeiten und dieser Gefallen an dem Know-How der Mitarbeiter findet und sie einzustellen wünscht. Im umgekehrten Fall kann aber auch ein IT-Dienstleister Gefallen an den Mitarbeitern seines Auftraggebers finden und sie für seine Firma abwerben. Gerade Behörden, die ihre IT-Spezialisten oft nicht marktgerecht bezahlen können, fürchten diese „Ausspann-Attacken“ der IT-Firmen, denen sie regelmäßig ausgesetzt sind, wenn IT-Firmen die Mitarbeiter ihrer Behörde und deren Qualifikationen im Rahmen gemeinsamer IT-Projekte kennen- und bedauerlicher Weise schätzen lernen.
Jedoch postuliert § 241 Abs. 2 BGB, dass das Vertragsverhältnis neben der Erfüllung der Hauptleistung auch zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des jeweils anderen Vertragsteils verpflichtet. Es ist verständlich, dass diese Rücksichtspflicht mit der Stärke der Bindung der Vertragsparteien zunimmt.
Das heißt: Haben die Vertragsparteien lediglich auf der Grundlage eines Kaufvertrages miteinander zu tun gehabt, sind die Schutzpflichten relativ gering. Je länger aber ein Vertragsverhältnis dauert, zum Beispiel auf der Grundlage eines Dauerschuldverhältnisses ( Dienst-, Miet- oder Werkvertrages), desto länger wird die Liste der gegenseitigen Rücksichtspflichten.
Was für Kunden des Vertragspartner gilt, muss auch für Mitarbeitern des Auftraggebers oder Auftragnehmers gelten. Im IT-Bereich ist das Interesse am Erhalt seines qualifizierten Mitarbeiterstammes mindestens so hoch wie das Interesse am Erhalt des Kundenstammes. Verletzt ein Vertragspartner eine solche Nebenpflicht des Vertrages auf Rücksichtnahme kann er gemäß § 280 BGB i. V. mit § 1004 BGB auf Unterlassen und gemäß § 280 BGB bei Verschulden auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.
Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses enden auch die Rücksichtspflichten der Vertragspartner. Nur in ganz seltenen Ausnahmefällen wird eine solche nachvertragliche Pflicht aus dem Gebot von Treu und Glauben gemäß §242 BGB vermutet. Ein nachvertragliches Abwerbungsverbot kann zum Beispiel angenommen werden, wenn der Zweck des Vertrags durch das Abwerben von Mitarbeitern nachträglich vereitelt wird.