CRN-Interview mit Florian Bettges von HPE

»Hyperkonvergenz bedeutet für den Channel das Verlassen der Komfortzone«

31. März 2016, 11:04 Uhr | Daniel Dubsky

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

»Mehr Flexibilität hat einen höheren Support-Aufwand zur Folge«

CRN: Wie profitiert der Channel vom Hyper-Converged-Trend?

Bettges: Die anteilige Ablösung von traditioneller IT durch eine integrierte Lösung erfordert detaillierte Einblicke in die Struktur und Prozesse des Kunden. Dadurch bieten diese Projekte dem Partner die Möglichkeit, sich noch stärker im Beratungsgeschäft zu engagieren. Der Trend zu hyperkonvergenten Systemen bedeutet damit für den Channel nicht nur mehr Potenzial, sondern auch das Verlassen der Komfortzone. Bisher hat sich die Ausbildung im Consultant-Umfeld stark auf die einzelnen Architekturbereiche (Server, Storage, Netzwerk) ausgerichtet, jetzt geht es darum, diese Expertise auch für integrierte Systeme aufzubauen.

CRN: Brauchen Systemhäuser spezielles Know-how für den Verkauf und die Implementierung der Systeme?

Bettges: Eindeutig Ja. Speziell der Verkauf beziehungsweise das Verkaufsgespräch wird bei integrierten Systemen nicht mit den Verantwortlichen der Server-, Storage-, Netzwerkverwaltung diskutiert, sondern oft mit den Verantwortlichen für den Virtualisierungs-Layer, mit den einzelnen Fachabteilungen oder sogar mit dem Controlling und der Geschäftsführung. Die Implementierung der Systeme ist einfach, da aber die Netzwerkinfrastruktur eine wichtige Rolle spielt, kann der Partner dem Kunden mit klassischen Dienstleistungen zur Seite stehen. Hier besteht für Partner oft noch Schulungsbedarf, da nicht über klassische SAN-Infrastruktur wie Fibre-Channel gesprochen wird, sondern Protokolle wie NFS und iSCSI zur Scale-out-Vernetzung genutzt werden.

CRN: Was können Systemhäuser Kunden entgegnen, die fürchten, sich mit einem hyperkonvergenten System zu sehr an einen Anbieter zu binden?

Bettges: Partner sollten in dieser Hinsicht, wie in jeder Situation, ehrlich zu ihren Kunden sein. Die Kombination der einzelnen Komponenten mehrerer Hersteller fällt im Fall von hyperkonvergenten Systemen schon systembedingt weg – wodurch sich Kunden in der Tat an einen Anbieter binden. Nur dadurch können aber die Vorteile einer komfortablen übersichtlichen Lösung überhaupt realisiert werden. Gleichzeitig können Kunden so sichergehen, dass sämtliche Bestandteile des Systems ohne Einschränkungen kompatibel sind.

Bei der Nutzung von Referenzarchitekturen gibt es die Möglichkeit, wie sie unter anderem HPE bietet, den Softwareteil der Hyper-Converged-Architektur unabhängig von der Hardware einzukaufen und hier etwas flexibler zu agieren. Diese Flexibilität hat dann jedoch einen höheren Support-Aufwand zur Folge.

CRN: Könnten hyperkonvergente Systeme den Trend umkehren, dass Unternehmen ihre IT oder Teile davon auslagern, weil diese wieder einfacher zu verwalten sind?

Bettges: Die hyperkonvergenten Systeme als möglicher Zwischenschritt auf dem Weg von traditionellen oder konvergenten Architekturen hin zu den zukünftigen Composable Infrastrukturen können in der Tat dafür sorgen, dass sich der Trend der IT-Auslagerung verlangsamt.

Die zukünftigen Composable Strukturen werden diese Entwicklung ebenfalls unterstützen, denn sie lassen die individuelle Anpassung aller Komponenten (Server, Storage, Netzwerk, etc.) in einer Infrastruktur zu – ähnlich wie das Konzept der Cloud. Im Gegensatz zu den bisherigen Ansätzen erfolgt dabei die Zuweisung der Komponenten nicht durch den Administrator der Managementoberfläche des Gesamtsystems, sondern wird duch die Applikation selbst vorgenommen. Bei HPE war dieser nächste Schritt unter dem Produkt Synergy übrigens auch auf der CeBIT am Stand von HPE zu sehen.

CRN: Nach konvergenten kamen hyper-konvergente Infrastrukturen. Ein kleiner Blick in die Zukunft: Was ist der nächste Schritt in der Entwicklung?

Bettges: Der größte Kundennutzen in Bezug auf die Implementierung der hier besprochenen Architekturen liegt nicht in einem "Entweder oder"-Ansatz, wie ihn einige Hersteller bewerben, sondern in der Coexistens und Verzahnung dieser Architekturansätze. Eine SAP-HANA wird nicht als HyperConverged-System betrieben werden, und in der Außenstelle wird es nur selten zum Einsatz eines All-Flash-SAN kommen. Die Wahrheit liegt in der Mitte, oder eben beim "und". HPE liefert dieses "und". Die Verarbeitung von Daten außerhalb des klassischen Rechenzentrums wird zudem oft außer Acht gelassen. So wie früher der PC auf dem Schreibtisch stand und dort zentral den Arbeitsplatz eines jeden Anwenders definiert hat, so stellt heute das Rechenzentrum noch die klassische Zentrale zur Verarbeitung der Daten dar.

Im Client-Umfeld haben wir jedoch spätestens mit den mobilen Windows 10 Geräten eine Stufe erreicht, in der der Anwender seine Daten überall und jederzeit erfasst und verarbeitet. Diese Entwicklung der dezentralen Datenerfassung und Verarbeitung steht mit der Digitalisierung und dem IoT auch dem Rechenzentrum bevor. Wir werden somit Einheiten aus dem Rechenzentrum an die Edge verlegen. HPE hat dazu unter anderem die Edgeline bei den ProLiant Servern eingeführt und nicht zuletzt deswegen auch das Unternehmen Aruba mit seinen Sensoren und Beacons gekauft. Das Rechenzentrum wird schrumpfen - auch weil die Technik bei gleicher Leistung immer weniger Platz beansprucht.


  1. »Hyperkonvergenz bedeutet für den Channel das Verlassen der Komfortzone«
  2. »Mehr Flexibilität hat einen höheren Support-Aufwand zur Folge«

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