Kleine Bauteile mit großer Wirkung

Mehr Nachhaltigkeit in der IKT durch mikroelektronische Forschung

27. Oktober 2023, 10:30 Uhr | Jörg Schröper
© WEKA Fachmedien

Die Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) ist bekanntlich die Basis für viele große Zukunftsmärkte wie künstliche Intelligenz (KI), New Mobility oder Smart Homes. Mit steigender Bedeutung der Branche geht jedoch auch ein vermehrter CO2-Ausstoß einher.

Die Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums „Green ICT @ FMD“ (Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland) haben in einer Studie Prognosen für den zukünftigen Klima-Impact der IKT in den Anwendungsbereichen Rechenzentren, Telekommunikation sowie Haushalt erarbeitet. Auf dem „MikroSystemTechnik-Kongress 2023“ hat Dr. Nils F. Nissen die ersten Ergebnisse vorgestellt.

Die Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland als Kooperation des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik mit den Leibniz-Instituten FBH und IHP sieht sich als zentraler Ansprechpartner für alle Fragestellungen rund um die Mikro- und Nanoelektronik in Deutschland und Europa.

Der Hintergrund der Studie: KT-Produkte stellen zwangsläufig sowohl in der Anwendung als auch in der Herstellung eine große Belastung für die Umwelt dar. Um die möglichen Einsparpotenziale bei der Produktion und Nutzung von IKT-Komponenten genauer zu identifizieren, forscht Green ICT @ FMD, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Kompetenzzentrum für ressourcenbewusste IKT, an Daten, die einen Blick auf die Gesamtheit der IKT in Deutschland werfen.

Zu den ersten Ergebnissen zählt, dass die absoluten CO2-äquivalenten Emissionen der IKT-Nutzung sich bis 2030 auf etwa 20 Millionen Tonnen erhöhen werden. Je nach Entwicklung der Gesamtemissionen könnten diese im Jahr 2030 vier Prozent der in Deutschland entstehenden Treibhausgasemissionen ausmachen.

In der Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konkret den Ausstoß von CO2-Äquivalenten auf Basis ermittelter Bestandszahlen und den Energieaufwand der Nutzung und Herstellung der IKT in Deutschland untersucht. Zudem haben sie errechnet, wie die zukünftige Marktentwicklung die Geräteanzahl in jedem Jahr der Prognose höchstwahrscheinlich bestimmen wird. Anhand von Produktdaten zur Leistungsaufnahme ergibt sich zusammen mit einem definierten Nutzungsmuster der Stromverbrauch einzelner Produkte in jedem Nutzungsjahr.

Unter der Annahme eines bestimmten CO2-Emissionsfaktors des Strommix wurde anschließend die CO2-Intensität der IKT in der Nutzungsphase berechnet. Zusammen mit der CO2-Bilanz aus der Produktherstellung ergeben sich die Gesamtemissionen einer Produktkategorie. Um die Gesamtbilanz zu ermitteln, erfolgt eine Hochrechnung mit den jährlich ermittelten Bestandszahlen und den spezifischen Umweltdaten aus der Betrachtung der Herstellungs- und Nutzungsphasen. Dabei sind auch Technikentwicklungen bei den Umweltdaten berücksichtigt.

Die Ergebnisse belegen einen deutlichen Anstieg des Stromverbrauchs nach dem Jahr 2020 – getrieben durch das höhere Datenaufkommen in den Telekommunikationsnetzen und der steigenden Zahl und Auslastung von Rechenzentren. Im Bereich Haushalt prognostizieren die Expertinnen und Experten des Kompetenzzentrums einen leichten Anstieg des Verbrauchs, nachdem dieser bis etwa 2019 noch deutlich fallend war. Im Jahr 2030 werden in den genannten Anwendungsfeldern – Telekommunikation, Rechenzentren und Haushalte – über 30 Millionen Tonnen CO2-äquivalente Treibhausgase entstehen. Das ist etwa 50 Prozent mehr als im Jahr 2021.

Die Herstellung der untersuchten IKT wird mit knapp elf Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten etwa ein Drittel der Emissionen ausmachen, rund zwei Drittel der Emissionen entfallen auf die Nutzungsphase. Die Studie soll zukünftig noch um weitere Produkte aus den Anwendungsbereichen Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie Gebäudeautomation und IoT erweitert werden.

Das Kompetenzzentrum Green ICT @ FMD fokussiert sich nach eigenen Angaben darauf, den Ressourcenverbrauch von Sensor-Edge-Cloud-Systemen, energiesparenden Kommunikationsinfrastrukturen und ressourcenoptimierten Elektronikproduktionsprozessen zu bewerten und anschließend zu verbessern. Moderne vernetzte IKT-Systeme verfügen neben den zentralen Datenverarbeitungsinfrastrukturen über zunehmende Kapazitäten zur Datensammlung und -verarbeitung am Netzwerkrand (Edge). Dadurch ergeben sich mehr Möglichkeiten zur Optimierung von Datenverarbeitungs- und Übertragungsprozessen zwischen Cloud und Edge und damit eine Minimierung des Ressourcenverbrauchs bei der Nutzung von IKT.

Weiteres Einsparpotenzial sehen die Forschenden bei der Entwicklung von leistungsfähigen Netzwerken wie 5G und 6G, aber vor allem auch bei den Treibhausgasemissionen, die während der Herstellung von mikroelektronischen Bauteilen anfallen.

Zudem spiele die direkte Unterstützung als erster Ansprechpartner für KMU und Start-ups, die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften sowie die enge Vernetzung aller relevanten Stakeholder eine zentrale Rolle in der Arbeit des Kompetenzzentrums.
 


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