Der MWC in Barcelona gilt als alljährliches Dorado für mobile Innovationen - von Smartphones und mobilen Gadges bis hin zu den Mobilfunk-Infrastrukturen. Bei Letzterem kommt der neue 5G-Mobilfunkstandard überraschend bereits jetzt in die heiße Phase. Nokia-Chef Rajeev Suri gab in Sachen 5G Einblicke in die aktuelle globale Marktsituation. Auch der Mitbewerb, allen voran Ericsson und Huawei, erläuterten auf dem MWC ihre 5G-Strategien oder kamen mit Ergänzungen ihres 5G-Portfolios.
Anlässlich der Nokia-Pressekonferenz am Vortag des Messestarts gab Rajeev Suri zu, dass 5G viel schneller an Zugkraft gewinne, als das Unternehmen erwartet hatte. Er ließ aber keinen Zweifel, dass er Nokia für die steigende Nachfrage nach 5G-Einsätzen auf der ganzen Welt bestens aufgestellt sieht. Noch in diesem Jahr soll sich das auch kommerziell für das Unternehmen niederschlagen.
Die Geschwindigkeit der 5G-Aufrüstung indes sei von Land zu Land sehr unterschiedlich. Als Sieger im Wettrennen sieht er die USA und China, wobei die US-Betreiber derzeit noch durch das Fehlen eines geeigneten Spektrums in ihren 5G-Ambitionen behindert würden. Ungeachtet dessen kündigte Nokia am zweiten Messetag an, zusammen mit T-Mobile in den USA ein landesweites 5G-Multiband-Netzwerk auszurollen. Der Aufbau des Netzwerks soll im zweiten Quartal 2018 beginnen und im Laufe des Jahres 2020 abgeschlossen sein.
Bis Ende dieses Jahres soll das 5G-RAN (Radio Access Network) mit 600MHz- und 28GHz-AirScale-Lösungen für die Bereitstellung von Multi-Gigabit-Geschwindigkeiten und extrem niedriger Latenz in einigen der am dichtesten besiedelten Gebiete des Landes, einschließlich Dallas, zum Einsatz kommen. T-Mobile will so schon früh in der Lage sein, innovative Dienste für seine Kunden zu Hause, am Arbeitsplatz und unterwegs einzuführen.
Mit China Mobile unterzeichnete Nokia kurz vor der Messe ein Abkommen, das die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen bei der Erbringung von Dienstleistungen für einzelne Branchen vorsieht. Der Schwerpunkt soll hier auf Smart Cities, Smart Transportation und intelligenter Videoanalyse liegen. Besonders 5G-engagiert seien außer den USA und China auch Japan, Korea und Skandinavien. Im mittleren und südlichen Europa seien kurzfristig keine wirklichen Fortschritte mit 5G zu erwarten. Der Deal, den Nokia zum MWC im Zusammenhang mit Vodafones 5G-Studie in Mailand ankündigte, ändere daran nichts. Auch bei Orange und Telefonica sei Nokia an 5G-Studien zumindest beteiligt.
Starker Mitbewerb
Auch bei Nokias größten Mitbewerbern Ericsson und Huawei laufen die 5G-Entwicklungen unter Hochdruck. Huawei will im Jahr 2018 fünf Milliarden CNY (etwa 647 Millionen Euro) in Forschung und Entwicklung für 5G investieren und eine vollständige Palette kommerzieller 5G-Geräte auf den Markt bringen, einschließlich drahtloser Zugangsnetze, Inhaber-Netzwerke, Kernnetzwerke und Geräte. "Mit 5G werden Carrier-Netzwerke viel mehr Einsatzbereiche haben und unterschiedlichste Ziele bedienen, darunter Menschen, Dinge und Branchen", so Ryan Ding, Executive Director of the Board und President der Huawei Carrier BG. "Ein einziges physisches Netzwerk verspricht Millionen von Anwendungsfällen."
Eine der wichtigsten Meldungen von Huawei im Zusammenhang mit 5G kam schon einige Tage vor dem MWC: Zusammen mit der Deutsche Telekom und Intel hat Huawei das weltweit erste 5G Interoperability and Development Testing (IODT) mit einer kommerziellen Basisstation in einer Betreiberumgebung vorgestellt. Alle beteiligten Produkte basieren auf dem "New Radio R15"-Standard, veröffentlicht im Dezember 2017 vom 3GPP, den derzeit viele Netzausrüster und -betreiber ausgiebig testen. Der Interoperabilitätstest, der in Bonn erfolgreich absolviert wurde, sei ein weiterer wichtiger Meilenstein, nachdem die drei Partner 5G-Interoperabilität zunächst in Huaweis Laboren in Shanghai verifiziert hatten.
Ericsson stellte auf dem MWC in erster Linie Upgrades für seine 5G-RAN- und Core-Netzwerkplattformen vor, die es den Betreibern ermöglichen sollen, 5G bis Ende des Jahres auf den Markt zu bringen. Das Unternehmen zeigte neben neuer Software für kommerzielle 5G-Core- und RAN-Netzwerke auch Verbesserungen seiner verteilten 5G-Cloud-Plattform. Die Entwicklungen hier zielen darauf ab, den Zugriff zu optimieren, die Latenzzeit zu verbessern und die Sicherheit für 5G-Anwendungen zu erhöhen. Die Upgrades von Ericsson unterstützen die im Februar 2017 angekündigte 5G-Plattform, die ursprünglich auf Pre-Standard-Technik basierte. Das Upgrade macht die Plattform kompatibel mit dem neuen 3GPP-Standard.