Das Förderband beschleunigt. Ein Lichtstreifen fällt auf eine weiße Bluse, bevor sie in einen Korb fällt. Ein gelber Pullover rollt an, wird gescannt, dann eine Jeans und ein roter Mantel. Fotos der gescannten Kleidung erscheinen mit Informationen über den Produkttyp, Farbe und Zielgruppe.
Der schwarze Textilscanner, entwickelt von einem Forschungsteam von TU Berlin, FU Berlin und der Firma Circular.fashion, hat womöglich das Potenzial, die Altkleidersortierung zu revolutionieren und so das Second-Hand-Geschäft deutlich attraktiver zu machen. Ein dringend notwendiger Schritt, schaut man sich die Klimabilanz von Kleidung an. Ausgelöst durch den Fast-Fashion-Trend verursacht die Modebranche schätzungsweise acht Prozent der weltweiten CO2 Emissionen.
„Bisher werden Altkleider händisch sortiert. Ein zeitaufwendiger Prozess, jedes Kleidungsstück muss zwei bis drei Mal in die Hand genommen werden, bis Produktart und Qualitätszustand feststehen“, sagte dazu Karsten Pufahl vom TU-Fachgebiet für Nichtlineare Optik, der die Forschung im Projekt leitet.
Ist der gelbe Pullover in einem guten Zustand, stammt von einer hochwertigen Marke oder entspricht den aktuellen Modetrends, eignet er sich für den inländischen oder westeuropäischen Second-Hand-Markt. Diese Ware wird laut Pufahl in der Branche Creme-Ware genannt, mit der sich das meiste Geld verdienen lässt. Die Nachfrage nach Second-Hand-Kleidung steigt, Flohmärkte, Online-Verkaufsplattformen und auch große Modeketten bieten bereits getragene Kleidung an. Was nicht mehr tragbar ist, wird zu Wischlappen, Malerfließ oder Autositzfüllungen verarbeitet.
Der Rest der deutschen und europäischen Alttextilien wird derzeit hauptsächlich nach Afrika exportiert, oft auch unbrauchbare Kleidung. Das soll sich wohl in naher Zukunft ändern. Die Europäische Union will durchsetzen, dass nicht mehr nutzbare Kleidung nicht mehr in Drittstaaten exportiert wird und dort Abfall verursacht. So muss zukünftig in Europa mehr sortiert werden, wofür es aktuell zu wenig Fachpersonal gibt.
KI gestützten Bildanalyse
Genau hier setzt das Projekt CRTX an. Der schwarze Scanner ist mit einer KI gestützten Bildanalyse ausgestattet, die schon jetzt sekundenschnell die Produktart erkennt und ob sich das Kleidungsstück für den Second-Hand-Markt eignet oder eher recycelt werden soll. Ein weiterer Vorteil: Das Team um Karsten Pufahl beobachtet den aktuellen Modemarkt um Trends zu erkennen, trainiert damit die KI und hilft so den Second-Hand-Händlern, auf die Wünsche der Kundinnen und Kunden direkt eingehen zu können. Dadurch sollen Kleidungsstücke vermehrt ein zweites Leben finden.
In Zukunft soll der Scanner noch weitere Produktmerkmale erkennen und so eine bestmögliche Verwertung ermöglichen. An dieser hochwertigen Sortierung wird im Folgeprojekt gearbeitet, dass seit Mitte des Jahres läuft und durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima mit rund 2,3 Millionen Euro gefördert wird, davon 1,3 Millionen Euro für die TU Berlin. Aktuell steht der Scanner bei einem großen Recyclingunternehmen in Hamburg, wo die KI anhand von tausenden Kleidungsstücken verschiedene Qualitätsstufen lernen soll. Interessenten für das Endprodukt gibt es bereits, eine Patentanmeldung läuft ebenfalls.