Das Test-Setup geht von einer Situation aus, in der vielleicht nur vorübergehend ein überwachender und steuernder Zugriff auf ein Gebäude oder ein Gelände eingerichtet werden muss. Stehen dann nicht sofort genug IP-Kameras zur Verfügung, hilft Improvisation.
Geht es nur um die Überbrückung der Wartezeit auf angemessene Geräte, lassen sich ältere Notebooks, Netbooks oder PCs „umnutzen“. Man greift entweder auf eine eingebaute Webcam zu oder auf eine am USB-Port. Die einfachste Variante: Falls ein eventuell vorhandenes Windows zu alt ist, ersetzt man es durch Linux, installiert „Cheese“ nach und ruft das Programm auf, wählt die Kamera aus, spielt Anydesk oder Teamviewer auf und sieht damit von Zeit zu Zeit nach, was sich auf dem Bildschirm tut.
Einen Tick professioneller: Auf dem PC das Linux mit dem Paket „motion“ ausstatten und so den Computer mit ein paar Kommandozeilenparametern zu einer streamenden IP-Kamera machen, die sogar Bewegungserkennung beherrscht und per E-Mail und beigefügtem Foto den Nutzer alarmieren kann. Anleitungen dafür gibt es im Web zuhauf. Der Video-Stream lässt mit der Open-Source-Überwachungszentrale „Agent UI“ auf dem von uns verwendeten zentralen Mini-Server weiterverarbeiten.
Das Ganze funktioniert übrigens selbst auf Minimal-Computern wie dem guten alten EEE-PC 701 mit seiner 4-GByte-SSD, wenn man als Linux die Spar-Version „Antix“ wählt. Probleme macht dann eventuell Anydesk, weil diese Software das auf Oldtimer-PCs hin optimierte Spezial-Linux nicht direkt unterstützt und deshalb den Aufruf der Konfiguration des „unbeaufsichtigten Fernzugriffs“ verweigertt. Der Anydesk-Support kennt dafür jedoch ein Workaround: Den Start des Konfigurationsmoduls mit dem Kommando „sudo anydesk -admin-settings“. Stufe 3 auf dem Schleichweg zur Profikamera: Ein Raspberry PI mit Kamera-Modul für den Onboard-Stecker, ausgerüstet mit Raspberry PI OS (früher Raspbian) und ebenfalls mit dem „motion“-Paket. Für diese Kombination, die den Dauerbetrieb besser verkraftet und „ab Werk“ nach Stromausfällen neu startet, ist „Agent UI“ sogar vorbereitet. Anydesk als Fernwartungs-Werkzeug läuft ohne Probleme.
Raspberrys ab Version 3 verfügen über ein eingebautes WLAN-Modul, das sich im Test als besser erwies als sein Ruf, und bei einer moderaten Auflösung belastet „motion“ den 3er-Raspberry nur mit fünf Prozent CPU-Auslastung, während Anydesk auf vier Prozent kommt.
Zum Schluss der Clou für verzweifelte Admins mit Mini-Budget oder für privat: Der Pi passt samt üblichem Gehäuse und Kamera in Standard-Regenrohre aus dem Baumarkt und wird so mit einem Fotokamera-Filter als Deckel, Zutaten aus dem Gartencenter und ein paar Live Hacks zur wetterfesten Outdoor-Kamera (Bild 3).