funkschau: Kritiker von Datenwissenschaftlern monieren, dass sich deren Einsatz auch kontraproduktiv auswirken könne: Zum einen würden sie aus ihrer „Datensammelwut“ heraus die Datenflut noch vergrößern, zum anderen könnten sie die Qualität und die Nutzbarkeit von Daten gar nicht so gut beurteilen wie der Anwender aus dem Fachbereich, der täglich damit arbeitet – vielleicht schon seit Jahren oder Jahrzehnten. Data Scientists und deren hoch bezahlter Einsatz könne das Wissen bestenfalls korrekt bündeln, im schlechtesten Fall gar verfälschen. Wie sehen Sie das?
Nilsson: Es dauert sehr lange, bis ein Unternehmen „zu viele“ Daten gesammelt hat. Das kann zwar irgendwann passieren, zum Beispiel wenn wir an Unternehmen wie Amazon, Google oder Facebook denken oder auch an Industrieunternehmen, die große Mengen von Sensordaten besitzen. Die meisten verfügen aber nicht über solche Datenvolumina. In den meisten Fällen ist es empfehlenswert, jegliche Art von Daten zu sammeln und Datenwissenschaftler anschließend entscheiden zu lassen, welche Daten nützlich sind und welche nicht. KI-Algorithmen werden immer besser in der Auswertung von ungekennzeichneten Daten, das heißt von Datensätzen ohne Anweisung eines Menschen zur Interpretation, und können daher mit großen Datenmengen bespeist werden – in der Hoffnung, dass die KI alle wertvollen und nützlichen Informationen für das Unternehmen herausfiltern kann.
funkschau: Was zeichnet einen guten Data Scientist aus?
Nilsson: Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Ein guter Datenwissenschaftler zeichnet sich für jedes Unternehmen durch unterschiedliche Fähigkeiten aus. Meiner Meinung nach ist es besonders wichtig, Datenwissenschaft als eine Art „Teamsport“ zu verstehen. Unternehmen werden keinen Datenwissenschaftler finden, der Daten des Unternehmens alleine analysieren kann. Vielmehr braucht es mehrere Personen aus den Bereichen Codierung/Software-Entwicklung, Statistik, maschinelles Lernen, Visualisierung, Unternehmensberatung, oder Datenbank-Engineering, die zusammenarbeiten und ihre Fähigkeiten miteinander verknüpfen. Zudem verfügt ein Team aus mehreren
Datenwissenschaftlern im Gegensatz zu einer einzelnen Person über mehr Kreativität und kann schneller Ergebnisse abliefern. Es ist also von grundlegender Bedeutung, sich ein gutes Team zusammenzustellen und nicht nach dem einen perfekten Data Scientist zu suchen.
funkschau: Inwiefern trägt Pivigo dazu bei, die Ausbildung von Datenwissenschaftlern zu fördern?
Nilsson: Weltweit gibt es einen riesigen Pool an sehr talentierten MINT-Absolventen, die nicht ausschließlich in der Wissenschaft arbeiten möchten, sondern teilweise gerne auch eine andere Karriere-Richtung einschlagen würden. Der Lösung dieses Problems haben wir uns mit unserem Data-Science-Hub angenommen. Mit „Science to Data Science“ (S2DS) haben wir ein eigenes, innovatives Ausbildungsprogramm entwickelt, bei dem Doktoranden und Master-of-Science-Absolventen eine intensive, fünfwöchige Schulung erhalten. Während dieses Lehrgangs bringen wir sie gezielt mit renommierten Unternehmen in Kontakt, für die sie verschiedene datenwissenschaftliche Projekte ausführen. Die Teilnehmer unseres Trainingsprogrammes lernen praxisorientiert und haben sogar die Möglichkeit, Kontakte mit potenziellen späteren Arbeitgebern zu knüpfen.
funkschau: Die Ausbildung ist das eine, der Weg in die Berufswelt etwas ganz anderes. Inwiefern unterstützt Pivigo die Absolventen auch bei der Findung des passenden Arbeitgebers?
Nilsson: Die Teilnehmer unseres Ausbildungsprogramms arbeiten im Zuge der Umsetzung von Data-Science-Projekten sehr eng mit führenden Unternehmen zusammen. Diese Kooperation kann sicherlich auch ein Türöffner für unsere Absolventen sein. Erfüllen sie die Anforderungen des Unternehmens gut und ist das Resultat für den Auftraggeber zufriedenstellend, besteht für unsere S2DS-Teilnehmer durchaus die Chance, übernommen zu werden. Grundsätzlich ist es aber so, dass Data Scientists auch sehr gerne projektbezogen arbeiten und verschiedene Data-Science-Projekte für unterschiedliche Unternehmen ausführen. Viele Datenwissenschaftler würden gerne flexibel und auf Projektbasis arbeiten, scheuen aber den Aufwand, stets neue Projekte zu finden und ihre Dienste effektiv zu verkaufen. Mit Pivigo bieten wir ihnen flexible Projektarbeit ohne Sales-Aufwände. Unser Ziel ist es, unseren Data-Science-Hub zu einer praktikablen Alternative für Vollzeitbeschäftigungen zu machen, bei der Datenwissenschaftler die Möglichkeit haben, projektbezogen zu arbeiten und den Auf- und Ausbau ihrer Karriere auf unserer Plattform voranzutreiben.