Mit den typischen Problemen einer starken Nachfrage verbunden mit der aktuellen Lieferkettenproblematik kämpft gerade Lutz Klein, Geschäftsführer des mittelständischen Systemhauses OCS GmbH im hessischen Lahnau: „Durch die ungewollte Wartezeit zwischen Bestellung und Wareneingang bei allen Herstellern sammeln wir Aufträge, um diese je nach Wareneingang abzuarbeiten. Zum Jahresende sowie im Übergang zum ersten Quartal 2023 kann es dadurch zu Umsatzrückgängen wegen nicht ausführbarer Aufträge kommen. Allerdings darf man aus meiner Sicht dabei nicht nur den Umsatz sehen, sondern muss in dieser Zeit auch den Auftragseingang bewerten. Wenn dieser wie bei uns in beiden unserer Unternehmensbereiche sehr gut ist, dann darf man sich nicht über Umsatzrückgänge beschweren. Die Umsätze gehen ja nicht zurück, sie verschieben sich nur.“ Klein verzeichnet im Telekommunikationssektor eine hohe Nachfrage insbesondere bei Cloud-Telefonie und auch Cloud Alarming.
Der VAF – Bundesverband Telekommunikation e.V. zählt rund 200 Systemhaus-Mitglieder. Ihr neuer erster Vorsitzender Daniel Brosend bewertet die Marktentwicklung im Businesskundensegment überwiegend positiv – wenn da nicht die Lieferkettenproblematik wäre: „Unsere Mitgliedsunternehmen sind überwiegend sehr gut beschäftigt und viele Kunden wollen geplante oder schon begonnene Innovationsvorhaben auch in diesem Jahr weiter voranbringen. Der sprunghaft gewachsene Bedarf für neue Arbeitsplatzkonzepte und die tiefere Verankerung der Digitalisierung in den Prozessen der Unternehmen treibt die Nachfrage an.“
Allgemein rechnet der VAF-Systemhausverband mit einem weiter prosperierenden Geschäft: „Der Transformationsprozess der Digitalisierung ist jetzt Teil des Tagesgeschäfts. Die zu Beginn der Pandemie aus der Not vielfach sehr schnell eingeführten Homeofficearbeitsplätze haben den Nutzern nach Anfangsschwierigkeiten neue, positive Erfahrungen gebracht. Zugleich haben sie aber auch gezeigt, dass Insellösungen Sollbruchstellen für smarte Unternehmensprozesse erzeugen. Die deutlich tiefere technische Integration von UCC-Konzepten und deren Adaption an die spezifischen Kundenbedürfnisse sind jetzt gefragt“, erläutert der Verbandsvorsitzende. Brosend ist überzeugt davon, dass der Mittelstand seine Technik-Probleme nicht ohne fremde Hilfe lösen kann: „Reife Telefoniekonzepte mit Collaboration-Tools in einen Guss zu bringen, überfordert die eh schon ausgelasteten IT-Abteilungen der meisten Kunden.“
Insgesamt schwebt der TK-Markt also zwar nicht völlig unabhängig vom Gesamtmarkt über allem. Doch es zeichnet sich ab, dass TK-Fachhändler und Systemhäuser mit Businesskundenfokus die drohende Rezession mit vergleichsweise harmlosen Blessuren überstehen werden.