Der Telekom-Konkurrenz mögen die Pläne der Regierung freilich nicht sonderlich gefallen. Besonders in den Städten sehen Interessenverbände die Gefahr der rückkehrenden Monopolisierung oder zumindest der Einschränkung des lokalen Angebots. »Die Folgen einer solchen regionalen Entlassung aus der Regulierung wären für Verbraucher, Unternehmen und die gesamte Wirtschaft in Deutschland verheerend«, erklärt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM). »In der Konsequenz wäre der Wettbewerb von nur drei Anbietern in den Städten ausreichend – mit entsprechend geringer Auswahlmöglichkeit für die Kunden«. Laut dem Verband sind derzeit rund 95 Prozent der Mitbewerber von den Vorleistungen der Telekom abhängig. Im für die Unternehmen schlimmsten Falle könnte der Konzern die Mitnutzung in deregulierten Regionen untersagen. Allerdings bleibt hier zu bedenken, dass dieses Segment für nicht unerhebliche Umsätze bei der Telekom sorgt. Dennoch befürchtet Grützner statt einer drohenden Zersplitterung die »Atomisierung« des Marktes.
Harsche Kritik an den Deregulierungsplänen kommt auch aus politischen Kreisen. Der ehemalige Bundesminister für Post und Telekommunikation, Christian Schwarz-Schilling, warnte in seiner Rede zu 15 Jahren der Liberalisierung im TK-Markt, dass sich Branche und Regierung durch »Industriepolitik« und »Regulierungsferien« rückwärts bewegen. »Man kann nur hoffen, dass die Entscheidungsträger sich am Ende nicht auf solche, aus Sicht der Großunternehmen ja verständliche Lobbyaktivitäten einlassen und damit die Innovationsfähigkeit im Sektor der Telekommunikation eher erschweren als ihr nützen«, so Christian Schwarz-Schilling. Der ehemalige Bundesminister sieht es als besondere Pflicht an, kleinen, mittleren und nischenbewussten Unternehmen den Wettbewerb zu sichern.
Die Bundesregierung könnte sich mit ihren Plänen derzeit stark an der Laufrichtung der EU orientieren, die einen gefestigten und vereinheitlichten europäischen Telekommunikationsmarkt anstrebt. Auch hier sind die USA das augenscheinliche Vorbild. Allerdings könnte das schnell zu einer Konsolidierung des Marktes und einem darwinistischen Überlebenskampf unter den Netzbetreibern führen. »Wir brauchen starke nationale Regulierer, die sich an den individuellen Besonderheiten der jeweiligen TK-Märkte orientieren – und keinen >Super-Regulierer<, der wenige große Player privilegiert«, sagt Breko-Präsident Ralf Kleint.
Der jüngst vorgelegte Koalitionsvertragsentwurf spricht das Thema der Deregulierung aktuell nicht mehr an. Stattdessen geht die Regierung auf den Breitbandausbau ein und spricht davon »Investitionsanreize für Telekommunikationsunternehmen« zu schaffen. Ein konkreter Plan zu einer entsprechenden Änderung des Telekommunikationsgesetzes und deren Umsetzung könnte also vorerst Zeit in Anspruch nehmen.