30 Jahre E-Mail

"Die E-Mail hat eine ähnliche Bedeutung wie einst die Erfindung des Buchdrucks"

18. Dezember 2014, 11:16 Uhr | Diana Künstler, Redaktion funkschau

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

De-Mail und die NSA-Affäre

Entwicklung des Mailaufkommens in Deutschland ohne Spam
Entwicklung des Mailaufkommens in Deutschland ohne Spam
© Gmx

funkschau: Wo ist der Unterschied zwischen E-Mail und De-Mail?

Oetjen: Im Gegensatz zur E-Mail erfüllt De-Mail die hohen Anforderungen an eine nachweisbare und rechtsverbindliche elektronische Kommunikation mit eindeutig identifizierten Teilnehmern. Durch den De-Mail-Standard lassen sich viele Dokumente wie Lohn- und Gehaltsabrechnungen, die aus rechtlichen Gründen bisher per Brief übermittelt werden mussten, bequem online verschicken. Der tägliche Besuch des Briefträgers wird in den meisten Ländern spätestens in zehn Jahren der Vergangenheit angehören. Kanada beispielsweise hat die tägliche Postzustellung bereits abgeschafft und stattdessen auf Post-Abholzentren umgestellt. Bis 2018 soll die Briefzustellung dort komplett eingestellt werden.

funkschau: „GMX“ und „WEB.DE“ sind die beiden größten E-Mail-Proider in Deutschland. Welche Unterschiede stellen Sie im Vergleich zu früher bei der Nutzung Ihrer Angebote fest?

Oetjen: Im Unterschied zu früher achten die Nutzer heute weniger auf die Breite des Funktionsumfangs oder Sonderausstattungen. Stattdessen spielen Fragen rund um Sicherheit die entscheidende Rolle. Zum Beispiel: In welchem Land werden eigentlich die Daten gespeichert? Und wie kann der Inhalt der E-Mail bestmöglich vor der Neugier Dritter geschützt werden?

funkschau: Sind das Auswirkungen der NSA-Affäre?

Oetjen: Ja, definitiv. Der NSA-Skandal hat private und geschäftliche Nutzer sensibilisiert. Wir beobachten hier grundsätzlich zwei Tendenzen. Zum einen hat das seit Jahren anhaltende Misstrauen gegenüber US-amerikanischen Anbietern sich weiter verschärft. Anwender achten verstärkt auf den Standort der Mail-Server. Sie legen wesentlich größeren Wert auf Internet-Lösungen, die dem strengen deutschen Datenschutz unterliegen, weil spätestens nach den Enthüllungen von Edward Snowden jedem klar ist, dass es einen großen Unterschied macht, wo die Daten gespeichert beziehungweise verarbeitet werden. Zum anderen stellen wir aber auch angesichts der Fülle an Enthüllungen eine generelle Verunsicherung gegenüber digitalen Medien fest, weil viele Nutzer nicht wissen, was sie noch mit gutem Gewissen nutzen können, ohne dass alles mitgelesen und kopiert wird.

funkschau: Gemeinsam mit der Deutschen Telekom haben Sie des-halb die Initiative „E-Mail made in Germany“ ins Leben gerufen.

Oetjen: Richtig, unsere Initiative setzt bei der gestiegenen Verunsicherung der Nutzer an. „E-Mail made in Germany“ garantiert Privatnutzern und Unternehmen höchste Sicherheits- und Datenschutzstandards bei der digitalen Kommunikation und bietet mithilfe eines grünen Hakens Orientierung, welche Adressen zu dem sicheren Verbund gehören – und welche nicht. Zudem ist eine automatische SSL/TLS-Verschlüsselung mit deutschen Zertifikaten auf allen Übertragungswegen gewährleistet. Dadurch wird verhindert, dass Nachrichten bei der Übertragung mitgelesen werden können. Die Speicherung der Daten in Deutschland gemäß deutschem Datenschutz sichert gegen den wahllosen Zugriff Dritter, wie es in anderen Ländern gängige Praxis ist. Neben 50 Millionen Privatkunden können auch Freiberufler, Selbstständige, Unternehmen und Organisationen nach dem sicheren Standard kommunizieren. Der TÜV Rheinland bietet zudem die Möglichkeit, sich zertifizieren zu lassen, was besonders für Firmen mit eigener E-Mail-Infrastruktur
interessant ist.

funkschau: Also ist die E-Mail keine digitale Postkarte mehr?

Oetjen: Zumindest die E-Mail-Accounts im „E-Mail made in Germany“-Verbund sind keine digitale Postkartensammlung mehr. Wir setzen beispielsweise zur Verschlüsselung ausschließlich auf deutsche Zertifikate sowie auf den nach aktuellem Stand der Technik als besonders sicher geltenden 256-Bit-Standard. Wenn man diese Verschlüsselung zurückrechnen möchte, bräuchte man bei normalen stochastischen Methoden selbst mit einem guten Server ungefähr die Zeit der Erdgeschichte. Darüber hinaus haben alle Partner im „E-Mail made in Germany“-Verbund Perfect-Forward-Secrecy (PFS) implementiert, was einen zusätzlichen Schutzmechanismus gegen das nach-trägliche Entschlüsseln von Daten bietet. Über ein neu entwickeltes Verfahren wird eine Zertifikatsvalidierung unter den Providern eingerichtet, so dass bei jeder Daten-übertragung Zertifikat und Identität des Providers überprüft werden. Dieses Sicherheitslevel ist für den Massenmarkt neu.


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