Dass der Netzausbau notwendig ist, steht außer Frage. Die Diskussion, ob ihn tatsächlich wenige große Unternehmen am besten bewältigen, sorgt für reichlich Öl im Feuer des ITK-Marktes. Der Streit gilt besonders den ländlichen Gegenden, die für Netzbetreiber oft unattraktiv sind. Die Telekom konstatierte kürzlich selbst: »Wir können nur dort investieren, wo wir die Chance haben, Geld zurück zu verdienen«, so Unternehmenssprecherin Luisa Vollmar. Der Branchenverband Breko, unter dem sich eine Vielzahl an Telekom-Wettbewerbern vereint, unterstreicht hingegen die Vorzüge individueller und flexibler Anbieter. »Sie sind das Rezept, mit dem sich ultraschnelle Glasfaser-Anschlüsse auch in ländlichen und unterversorgten Regionen realisieren lassen«, erklärt Breko-Geschäftsführer Stephan Albers.
Laut eigener Angaben hätten die alternativen Netzbetreiber zwischen 2004 und 2013 55,1 Prozent zum Ausbau beigetragen – die Telekom die übrigen 44,9 Prozent. Sicherlich entfällt der individuelle Löwenanteil damit an das Bonner Unternehmen, doch gerade außerhalb der lukrativen Städte kann es nur von Vorteil sein, wenn Wettbewerb zum Handlungstreiber wird. »Die Aufrechterhaltung einer hohen Wettbewerbsintensität auf sämtlichen Märkten für TK-Netz sowie –Dienste und insbesondere für sehr schnelle Breitbandanschlüsse ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Schließung von vorhandenen Verfügbarkeitslücken«, so Wirtschaftswissenschaftler Thorsten Gerpott.
Oettingers Pläne wirken letztendlich der seit 1998 gewachsenen Liberalisierung des deutschen Netzbetreibermarktes entgegen und könnten gerade in Deutschland den Ausbau eher hemmen als diesen voranbringen und im Endeffekt abermals Monopolstrukturen schaffen.
Dass es dieser Entwicklung entgegengerichtete Tendenzen gibt, zeigt wiederum die Bundesregierung. Aktuell soll es in Berlin laut Medienberichten Überlegungen geben, sich von den Telekom-Anteilen zu trennen. Derzeit hält die Regierung noch 31,5 der ehemals 100 Prozent des Netzbetreibers. Diese Entscheidung wäre ein weiterer Schritt, um auch kleineren Anbietern mehr Raum zu geben und verstärkt in die Planung des Ausbaus einzubeziehen. Eine gestärkte Klasse statt weniger Lehrerlieblinge.