Neuausrichtung bei TK-Distributor Komsa

„Die Stimmen, die Sie zitieren, repräsentieren Komsa nicht“

11. Februar 2022, 8:27 Uhr | Martin Fryba

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Schmerz der Organisation

Komsa
"Meine Entscheidung gegen einen Cloud-Marktplatz war goldrichtig". Komsa-Vertriebsvorstand Steffen Ebner
© Komsa

Herr Urbon: Was unterscheidet einen Industriehersteller wie SMA, dem sie lange vorstanden, von einem handelslastigen TK-Distributor?

Urbon: Ich kann die Perspektive eines Herstellers sehr gut einnehmen, weiß, wie ein Hersteller denkt, seine Marke schützt, auf den Markt zugeht und Marktanteile erhöht. Diese Erfahrung bringe ich bei Komsa ein, auch und gerade in den Gesprächen mit unseren Herstellern. Den besten Experten für das Handelsgeschäft, den haben wir mit Steffen Ebner.

Da wird ihr Vorstandskollege nicht widersprechen.  Dennoch kann es ganz oben einsam sein, wenn ein CEO Entscheidungen trifft – zumal unpopuläre, wie manche Ex-Beschäftigte sie nicht verstehen.

Urbon: Ich glaube zutiefst an Teamwork und so sind wir auch im Vorstand aufgestellt. Teamwork heißt aber nicht, dass jeder wie in der F-Jugend dem Ball hinterher rennen muss. Herrn Ebner muss ich nicht sagen, was er zu tun hat. Das weiß er selber ganz genau. Unsere Entscheidungen zielen darauf ab, wie wir Marktanteile gewinnen können.  Ich darf anmerken, dass wir auf die Entwicklung des vergangenen Jahres schon sehr stolz sind. Und: ich fühle mich auch in der Distribution wohl.

Ihr Vorgänger Uwe Bauer hat Komsa viele Jahre lang mit aufgebaut und geprägt. Dann war er nach knapp drei Jahren weg und hat,  wie ursprünglich gemeldet, doch nicht an ihrer Seite weitergemacht. Das überraschte viele bei Komsa und in der Branche. Auch Sie?

Urbon: Der Aufsichtsrat hat sich bewusst für einen externen Nachfolger als CEO entschieden und den Vorstand von fünf auf vier Mitglieder verkleinert.

Seit wann kennen Sie Firmengründer Gunnar Grosse und wie sind Sie auf Komsa aufmerksam geworden?

Urbon: Ich kenne Gunnar Grosse seit 15 Jahren. Er rief mich im Sommer oder Herbst 2019 an und sagte mit, er wolle Komsa in die nächste Entwicklungsstufe führen. Darüber sind wir ins Gespräch gekommen. Im darauffolgenden April habe ich angefangen, ab Mai dann offiziell als CEO.

Komsa neu ausrichten, auf den Kopf stellen und das zu Beginn einer Pandemie, wo die meisten Mitarbeiter im Homeoffice waren: Ein schwereren Einstand gibt es nicht.

Urbon: Ich hätte mir meinen Start tatsächlich anders gewünscht. März/April 2020 war ja eine Zeit der allergrößten Unsicherheit. Ich habe zunächst Gespräche geführt mit unseren Mitarbeitern, Führungskräften, Kunden, Herstellern, Banken und Wirtschaftsprüfern und in diesen strukturierten Interviews das Unternehmen kennen gelernt. Die Ergebnissen dieser Gespräche haben ich dem Aufsichtsrat mitgeteilt und eine Strategie vorgelegt, wie wir Komsa ausrichten wollen. Mitte Mai 2020 haben wir dann die Transformation gestartet. Die Ideen und Maßnahmen hat das Team selbst formuliert, sie kamen aus der Tiefe unserer Organisation – ohne externe Berater. Unser neuer Mangementstil setzt auf Kollaboration. So führen wir im Vorstand, so führen wir das gesamte Unternehmen, weil wir fest an den Erfolg von Teamwork glauben.

Wie sehen die Ergebnisse aus?

Urbon: Komsa war über die vielen Jahre vom Startup zu einem großen und vor allem komplexen Unternehmen gewachsen. Die Komplexität hat teilweise dazu geführt, dass wir mehrere Tage für eine Entscheidung brauchten, die ein Kunde innerhalb von einer halben Stunde erwartet. Wir haben daher die Prozesse erheblich vereinfacht, die Organisation deutlich verschlankt, aus 20 Gesellschaften fünf gemacht und neue Führungs- und Steuerungsinstrumente eingeführt, um agile Strukturen zu unterstützen. Führungspositionen wurden neu besetzt, wir haben unsere Führungskräfte massiv geschult, das Portfolio angepasst und Infrastrukturen für New Work geschaffen, die in der Branche noch kein Standard sind. Alle Mitarbeiter, auch der Betriebsrat, haben mir zu meinem Start den Schmerz der Organisation geschildert. Wir haben darauf reagiert und die Prozesse schneller und effizienter gemacht.

 „Wir“ schließt nicht die Mitarbeiter ein, die den neuen Kurs nicht mitmachen wollten oder durften. Viele langjährig Beschäftigte sind ausgeschieden. Gab es betriebsbedingte Kündigungen?

Urbon: Auch hielt gilt unser Grundsatz: Wir sagen, was wir machen, und machen, was wir sagen. Es gab sicher den einen oder anderen Fall, wo sich Wege getrennt haben. Aus meiner Sicht gehört das zu einem Veränderungsprozess dazu, dass man sich als Mitarbeiter bewusst macht, ob man die Veränderung mitgehen möchte oder eben auch nicht. Unsere Fluktuation lag vergangenes Jahr bei vier Prozent, was nicht ungewöhnlich ist. Ein Großteil unserer Mitarbeiter ist über zehn Jahr bei Komsa. Ich finde, das ist ein ganz guter Wert.

Der Frust bei Ex-Komsianern scheint dennoch tief zu sitzen, wenn man auf Mitarbeiterbewertungsportale schaut, die Komsa ernst nimmt und aktiv moderiert.

Urbon: Da sprechen Sie eine Entwicklung an, die sich derzeit durch die gesamte Wirtschaft zieht: Die lange Pandemiezeit hat uns in Sachen New Work viel Positives gebracht, aber leider auch einen deutlichen Negativeffekt: Über Monate ausschließlich im Homeoffice zu arbeiten, hat bei einigen Beschäftigten eine Distanz zum Unternehmen entstehen lassen. Das ist nicht nur bei Komsa so, sondern auch bei anderen Unternehmen. Ich sehe darin überhaupt kein Indiz, dass unsere Transformation nicht die gewünschte und erzielte Wirkung zeigt. Die Stimmen, die Sie zitieren, repräsentieren Komsa nicht. Von Einzelmeinungen auf das gesamte Unternehmen zu schließen, wäre fahrlässig.

Sie sind angetreten, um die Braut Komsa für einen Verkauf abzuhübschen, machen Gerüchte die Runde. Hat Sie Hauptgesellschafter Gunnar Grosse deswegen zu Komsa geholt?

Urbon: Wenn Gunnar Grosse vorgehabt hätte, Komsa zu verkaufen, dann hätte er schon mehrfach die Gelegenheit gehabt. Das hat er nicht, weil Komsa sein ‚Baby‘ ist und weil er Komsa fit machen will für die Zukunft – mit einem Management-Team, das diesen Weg jetzt beschreitet. Wir sind überzeugt davon, dass vor uns ein Jahrzehnt der Möglichkeiten liegt. Damit Reseller von diesen Möglichkeiten profitieren können, werden wir in den nächsten Jahren rund 25 Millionen Euro investieren und unseren Vertrieb, unsere leistungsstarke Logistik sowie unsere Kompetenz in der Reparatur und im technischen Support weiter ausbauen. Ich bin dafür angetreten, die Voraussetzungen für Wachstum zu schaffen. Die positive Entwicklung ist bereits spürbar: Wir sind auf der Erfolgsspur und haben zum Wachstum zurückgefunden.

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