Erstaunlich ist das Studienergebnis, dass die große Mehrheit der Cybercrime-Opfer nicht weiter auf die Vorfälle reagiert. Zwei Drittel (65 Prozent) der Betroffenen geben an, dass sie nichts unternommen haben. 18 Prozent haben Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft erstattet, 16 Prozent wandten sich an einen Plattform-Betreiber wie etwa das Soziale Netzwerk oder die Online-Verkaufsplattform, 11 Prozent haben Beratungsstellen wie die Verbraucherzentralen eingeschaltet und 5 Prozent informierten eine öffentliche Stelle, wie zum Beispiel das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). „Wer Opfer von Cybercrime wird und wem dadurch sogar noch ein finanzieller Schaden entsteht, der sollte die Behörden informieren“, sagt Holz.
Hauptgrund dafür, sich nicht an Polizei oder Staatsanwaltschaft zu wenden, ist die geringe Hoffnung auf Hilfe. Rund jedes zweite Cybercrime-Opfer (45 Prozent), das keine Anzeige erstattet hat, glaube demnach, dass die Täter ohnehin nicht gefasst werden, jedem Dritten (34 Prozent) ist zudem der Aufwand zu hoch. 13 Prozent sagen, dass Polizei und Staatsanwaltschaft Cybercrime nicht ernst nehmen, 12 Prozent waren sich nicht sicher, ob ihr Fall überhaupt von den Behörden verfolgt würde, und 8 Prozent glauben, dass sich die Ermittler mit dem Thema schlicht nicht auskennen. 5 Prozent geben an, gar nicht zu wissen, an wen sie sich für eine Anzeige wenden können. 2 Prozent war es unangenehm, den Vorfall mit einem Ermittler zu besprechen – und 12 Prozent hatten Sorge, dass ihr eigener Computer für den Zweck der Ermittlungen durchsucht oder beschlagnahmt werden könnte und haben deshalb auf eine Anzeige verzichtet.
Wer sich an Polizei oder Staatsanwaltschaft wendet, macht zunächst positive Erfahrungen. Laut Studie gibt jeder Zweite (50 Prozent) an, die Beamten hätten sehr kompetent gewirkt, was den Umgang mit Cybercrime angeht. Fast jeder Vierte (23 Prozent) sagt aber, dass die Beamten nicht den Eindruck gemacht hätten, die Vorgänge verstanden zu haben. Und ebenfalls jeder Vierte (25 Prozent) berichtet, die Beamten hätten versucht, ihn vom Erstatten der Anzeige abzuhalten.
Auch die Erfolgsaussichten der Anzeige scheinen laut Studie durchwachsen zu sein. In 31 Prozent der Fälle geben die Cybercrime-Opfer an, dass die Ermittlungen noch laufen. 37 Prozent der Ermittlungen wurden mangels Beweisen eingestellt, 24 Prozent ohne Ergebnis, weil kein Täter ermittelt werden konnte. Nur 7 Prozent der Anzeigen führten dazu, dass ein Täter identifiziert wurde. „Verbrechen in der digitalen Welt sind kein Kavaliersdelikt. Bei allen Landeskriminalämtern gibt es inzwischen eine Zentrale Ansprechstelle Cybercrime, an die sich betroffene Bürger und Unternehmen wenden können“, so Holz. „Die staatlichen Stellen müssen jetzt technologisch und personell besser ausgestattet werden, damit sie solche Vorfälle ebenso verfolgen können wie Verbrechen in der analogen Welt.“
Hinweis zur Methodik:
Grundlage der Angaben ist eine repräsentative Umfrage, die Bitkom Research durchgeführt hat. Dabei wurden 1.017 Internetnutzer ab 14 Jahren befragt. Die Umfrage ist repräsentativ. Die Fragestellungen lauteten: „Welche der folgenden Erfahrungen mit kriminellen Vorfällen haben Sie persönlich in den vergangenen 12 Monaten im Internet gemacht?“, „Ist Ihnen infolge der kriminellen Vorfälle im Internet ein finanzieller Schaden entstanden?“, „Können Sie sich vorstellen, eine Versicherung abzuschließen, um sich bei kriminellen Vorfällen im Internet abzusichern?“, „Wie haben Sie auf die von Ihnen in den vergangenen 12 Monaten erlebten kriminellen Vorgänge im Internet reagiert?“, „Zu welchem Ergebnis hat Ihre Anzeige geführt?“, „Wie würden Sie Ihre Erfahrungen am ehesten beschreiben, als Sie die Anzeige gemacht haben?“ und „Warum haben Sie die von ihnen in den vergangenen 12 Monaten erlebten kriminellen Vorgänge im Internet nicht zur Anzeige gebracht?“.