Seit März 2024 ist das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) in Kraft. Unternehmen soll damit neue Möglichkeiten gegeben werden, ausländische Fachkräfte zu integrieren. Eine Schlüsselrolle kommt dabei dem Onboarding zu.
Der Artikel geht unter anderem auf folgende Fragen ein:
Das Inkrafttreten des Fachkräfteweinwanderungsgesetzes (FEG)1 im März 2024 markiert einen bedeutenden Schritt der Bundesregierung im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Angesichts der demografischen Herausforderungen und des steigenden Bedarfs an qualifizierten Arbeitskräften aus Nicht-EU-Ländern werden so neue Möglichkeiten der Mitarbeitendengewinnung für Unternehmen geschaffen. Denn die deutsche Wirtschaft steht vor der Aufgabe, in den kommenden Jahren qualifizierte Fachkräfte zu sichern, um langfristige Wachstumsaussichten zu gewährleisten.
Durch das FEG werden für Unternehmen neue Möglichkeiten geschaffen, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Konkret ermöglicht es von nun an, Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern auf Basis von drei Wegen zu gewinnen:
Die Einwanderung qualifizierter Fachkräfte wird somit einfacher und vor allem auch schneller ermöglicht.
Schon seit geraumer Zeit eröffnen anerkannte Universitätsabschlüsse aus dem Ausland in Deutschland qualifizierte Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Bundesregierung weitet diesen Ansatz nun aus und erkennt auch Berufsabschlüsse aus nicht-europäischen Ländern an, sofern Bewerber:innen über mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und eine zweijährige staatlich anerkannte Ausbildung in ihrem Herkunftsland verfügen.
Nun wird ein weiterer Weg eröffnet: die Qualifizierung über Potenzial. Im Zuge des FEG wurde die „Chancenkarte zur Arbeitssuche“ eingeführt, die auf einem Punktesystem beruht. Die Auswahlkriterien umfassen unter anderem fachliche Qualifikationen, Deutsch- und Englischkenntnisse sowie Berufserfahrung. Personen, die mindestens sechs Punkte erreichen, erhalten eine solche „Chancenkarte“.
All das verspricht, dank des dadurch verringerten bürokratischen Aufwands, erhebliche Erleichterungen für HR-Abteilungen bei der Rekrutierung und Einstellung von Fachkräften aus Nicht-EU-Ländern. Diese Neuregelung soll zu einer Entlastung auf dem Arbeitsmarkt beitragen, könnte jedoch gleichzeitig neue Herausforderungen mit sich bringen, wie beispielsweise im Bereich des Onboardings.
Unternehmen können nun von einem erweiterten Angebot an qualifizierten Fachkräften profitieren. Gleichzeitig schafft dies den HR-Abteilungen jedoch auch ganz neue Challenges: Die verstärkte Rekrutierung internationaler Fachkräfte führt zu einer vielfältigeren Beschäftigtengruppe – ein Gewinn fürs Unternehmen, der jedoch zusätzliche Aufgaben mit sich bringt, die über eine einfache Einarbeitung in die täglichen To-dos hinausgeht. Ein intensives Onboarding ist hier besonders entscheidend, um einen reibungslosen Start im neuen Job und in der neuen Umgebung zu gewährleisten, damit die neuen Kolleg:innen sich gut integriert fühlen und schnell und zielgerichtet im neuen Job Fuß fassen können.
Die Herausforderung, die neuen Teammitglieder erfolgreich in die bestehenden Teams zu integrieren, erfordert zunächst eine Überprüfung der bisherigen Onboarding-Strategien und die Ausarbeitung spezifischer Maßnahmen, die insbesondere einen Blick auf die soziale Integration verlangen. Während der drei Phasen des Onboardings – Preboarding, Orientierungsphase und Einarbeitungs- und Integrationsphase – sollte neben den fachlichen also auch ein deutlicher Schwerpunkt auf den sozialen und kulturellen Komponenten liegen.
In sämtlichen Phasen des Onboardings ist eine transparente Kommunikation sowie eine offene Feedbackkultur von entscheidender Bedeutung. Diese ermöglicht es den neuen Fachkräften zu erfahren, was sie bei ihrer neuen Position erwartet und was im Gegenzug auch von ihnen erwartet wird. Gleichzeitig bringen Fachkräfte aus dem Ausland durch ihren frischen Blick auf das Unternehmen auch potenziell innovative Herangehensweisen und Arbeitstechniken mit.
Ein erfolgreiches Onboarding bildet den Ausgangspunkt für eine positive Employee Journey. Durch eine gezielte Vorbereitung, Unterstützung und Einbindung können neue Fachkräfte schnell produktiv werden, eigenverantwortlich Aufgaben übernehmen und somit frühzeitig zum Erfolg des Unternehmens beitragen. Die Strukturierung des Onboardings mithilfe von HR-Software oder einer Onboarding-App kann die HR-Abteilung dabei unterstützen, Kosten und Zeit zu sparen sowie die Frühfluktuation zu reduzieren. Besonders bei letzterem erweist sich die erste Phase – das Preboarding – als besonders bedeutsam.
Das Preboarding spielt insbesondere für ausländische Fachkräfte eine wichtige Rolle, damit das Onboarding erfolgreich ist. Denn ihre Bedürfnisse gehen während des Onboardings über den rein beruflichen Einstieg hinaus. Aufgrund des Ortswechsels benötigen sie zusätzliche Unterstützung bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen oder anderen administrativen Herausforderungen. Auch Hilfestellungen bei der Einfindung in die neue Sprache und lokale Kultur erleichtern den Start.
Onboarding-Apps können HR-Abteilungen dabei helfen, diese speziellen Bedürfnisse effizient zu erfüllen, selbst wenn die neuen Mitarbeiter:innen noch weit entfernt sind. Eine zeitliche Anpassung der Onboarding-Schritte ermöglicht es zudem, die Onboarding-Journey individuell zu gestalten und den Bedürfnissen der ausländischen Fachkräfte gerecht zu werden, ohne sie mit zu vielen Informationen zu überlasten.
Zusätzlich können erste Kennenlernschritte über die Vernetzung in den Social-Media-Plattformen des Unternehmens erfolgen, um eine virtuelle Präsenz zu signalisieren und die Hemmschwelle vor dem Unbekannten zu verringern. Denn laut der Onboarding-Studie 2023 der Haufe Group2 haben bereits 36 Prozent der befragten Unternehmen Kündigungen vor dem ersten Arbeitstag erlebt und besonders bei ausländischen Fachkräften ist zu erwarten, dass dies noch häufiger vorkommt. Ein Jobwechsel aus einem anderen Land erfordert viel Mut, daher ist es entscheidend, dass neue Mitarbeitende sich nach der Vertragsunterzeichnung nicht alleingelassen fühlen und durch ein strukturiertes Onboarding kontinuierlich begleitet werden.
Der erste Arbeitstag hat immer hohes Potenzial, prägend für den weiteren Verlauf zu sein. Daher bietet es sich nach der Ankunft der neuen Kolleg:innen an, einen Welcome Day zu organisieren. Dieser ermöglicht es den neuen Mitarbeitenden, sich gleichzeitig mit ihrem Arbeitsumfeld vertraut zu machen und sich mit den neuen Kolleg:innen zu vernetzen.
Eine solche Einführungsveranstaltung spielt eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung einer positiven Unternehmenskultur und bietet eine gezielte Einführung in die Unternehmenswerte, -ziele und -strukturen. Mittels interaktiver Workshops und informeller Gespräche entsteht eine unterstützende Atmosphäre, die die Integration neuer Teammitglieder erleichtert und auf die Bindung ans Unternehmen einzahlt.
Nach dem Start im neuen Job bieten weitere Team-Events und Afterwork-Veranstaltungen zusätzliche Gelegenheiten, die Kolleg:innen näher kennenzulernen. Durch gemeinsame Aktivitäten werden die zwischenmenschlichen Beziehungen innerhalb des neuen Teams gestärkt, was bereits im frühen Stadium des Onboardings gleichzeitig eine Bindung zum neuen Job fördert. Darüber hinaus ermöglicht das regelmäßige Netzwerken einen offenen Austausch über kulturelle Unterschiede und gegenseitige Erwartungen.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz eröffnet deutschen Unternehmen zahlreiche neue Möglichkeiten zur Bewältigung ihres Fachkräftemangels. Die vereinfachte und beschleunigte Rekrutierung aus dem Ausland, gepaart mit einem effektiven Onboarding, kann die Wettbewerbsfähigkeit stärken und das Innovationspotential erhöhen. Das kann wiederum langfristig zu einem nachhaltigen Wachstum und einer positiven Entwicklung der Unternehmen beitragen. Obwohl es anfänglich einige Herausforderungen für Unternehmen mit sich bringen kann, sind diese durch gezielte Maßnahmen und Strategien absolut überwindbar und können langfristig profitabel sein.
1 https://www.bamf.de/SharedDocs/Meldungen/DE/2021/210301-am-fachkraefteeinwanderungsgesetz.html?nn=283120
2 https://www.haufe.de/personal/hr-management/umfrage-zum-onboarding-in-unternehmen_80_396926.html