Kommentar

Nokia kapituliert vor Google

28. Februar 2014, 15:39 Uhr | Peter Tischer

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Windows-Phone-Strategie gescheitert

Ist die Windows Phone-Strategie von Nokia gescheitert? (Bild: Microsoft)
Ist die Windows Phone-Strategie von Nokia gescheitert? (Bild: Microsoft)

Nun hat oh Wunder tatsächlich auch Elop erkannt, dass seine Windows-Phone-Strategie gescheitert ist: Bei einem weiteren denkwürdigen Auftritt, diesmal auf dem Mobile World Congress in Barcelona, erklärte der zukünftige Microsoft-Manager, dass sich Nokias Windows-Phone-Geräte »nicht so verkauft haben wie erwartet« – eine angesichts eines WP-Marktanteils von 3,9 Prozent im Jahr 2013 (gegenüber 75,3 Prozent Android) wenig bemerkenswerte Erkenntnis.

Elops Konsequenzen: Nokia wird ab sofort auch Smartphones mit Android, dem Betriebssystem vom Erzrivalen Google, verkaufen, die für Preise von 89 bis 109 Euro angeboten werden und damit zumindest preislich realistische Chancen in den größten Wachstumsmärkten China, Indien und Brasilien haben.

Ein Kollege vom Handesblatt hat dafür eine wie ich finde wunderbare Metapher gefunden: Man stelle sich vor, Daimler-Chef Zetsche würde vor die Presse treten und erklären: »Unsere Autos verkaufen sich nicht mehr so gut, deswegen greifen wir zukünftig auf Motoren von BMW zurück« – ein undenkbares Szenario, dass Daimlers Image innerhalb von Sekunden vernichten würde.

Wenn Elop schon eine Kapitulationserklärung zu Gunsten von Google unterschreiben musste, versuchte er gleichzeitig mit einer gewissen Verzweifelung noch zu retten, was zu retten ist: Um Google nicht noch neue Kunden zuzuschanzen, fehlen auf den Nokia-Handys Googles App-Store, das E-Mail-Programm Gmail und die Suchmaschine. Stattdessen gibt es den Nokia-Store, die Suchmaschine Bing, Outlook und das Gratis-Telefonprogramm Skype. Dazu wurde eine Kacheloptik installiert, die stark an WP erinnert. Ein kastrierteres Android bietet kein anderer Hersteller an.

Ob Elops Idee zünden wird, bleibt natürlich fraglich – insbesondere deshalb, weil der Nokia-Store deutlich weniger Apps beinhaltet als Googles Play-Store und Googles Suchmaschine weltweit mit Abstand die Nr. 1 ist. Auf Nachfrage hinsichtlich der Nokia-Store-Problematik erklärte Elop ernsthaft, die User könnten ja auch auf den russischen Yandex-Shop zurückgreifen. In einem Marktsegment, wo der Kunde die Auswahl zwischen Low-Cost-Geräten von Samsung, LG und vielen anderen asiatischen Herstellern hat, stellt sich die Frage, warum man freiwillig auf etwas verzichten sollte, was man zum gleichen Preis woanders bekommen kann.

Solle Elop auch mit dieser Strategie scheitern, dürfte für ihn die Luft bei Microsoft schneller dünn werden als erwartet: Nach dem Abtritt seines Buddys Steve Ballmer wird Elop seine Verkaufsergebnisse vor dessen Nachfolger Satya Nadella rechtfertigen müssen, einem sachlich denkenden Ingenieur, bei dem Elops »Best friend«- und »wir haben uns alle lieb«-Strategie vermutlich nicht fruchten wird. Eine dritte Chance für einen erneuten Strategiewechsel dürfte er in Redmond kaum bekommen.


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