Interview mit Carsten Mieth, Atos

Telkos gehen in die Cloud

2. Mai 2022, 7:00 Uhr | Dr. Jörg Schröper

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Dreiklang aus Cloud, Public Cloud und Hybrid Cloud

LANline: Wie wird sich der Dreiklang aus Cloud, Public Cloud und Hybrid Cloud künftig gestalten?
Mieth: Die Vorteile der Cloud für die Telkos sind zunächst die bekannten: Effizienz, Flexibilität und der leichte Zugriff auf neue Technologien wie Machine Learning. Doch sie profitieren auch in anderer Hinsicht. So sind viele Mehrwertdienste mit der Cloud leichter zu verwirklichen. Medieninhalte, Smart-City-Dienste oder Connected Cars benötigen eine geringe Latenz, sich die über weit entfernte Rechenzentren kaum erreichen lässt. Die Telko-Cloud wird dafür um Edge-Außenstationen vor Ort erweitert. Allerdings heißt Cloud bei den Anbietern in erster Linie Private Cloud. Wie in anderen Branchen haben bisher Sicherheitsbedenken einen breiteren Einsatz von Public-Cloud-Services verhindert. Nur rund 20 Prozent aller Telko-Anwendungen laufen darin, und es handelt sich dabei nicht um Kernanwendungen. Die meisten Carrier unterscheiden zwischen auslagerungsfähigen IT-Funktionen und Netzfunktionen, die in Eigenregie betrieben werden sollten.

LANline: Die Argumentation klingt also so ähnlich wie bei den Unternehmens-RZ- und -Netzkonzepten …
Mieth: Das kann man so sehen. Noch herrscht eine gewisse Skepsis, doch die Entwicklung wird letztlich bei den Telkos ähnlich sein wie in anderen Branchen. Denn Cloud-Rechenzentren verwirklichen sehr hohe Sicherheitsstandards, die selbst große Unternehmen nicht immer erreichen. Ebenfalls förderlich für die Security ist der im Cloud-Umfeld übliche Einsatz von quelloffenen Anwendungen. Telkos können damit sämtliche Datenflüsse nachverfolgen und prüfen, ob es Backdoors gibt.

Carsten Mieth leitet das Telekommunikations-, Medien- und Technologiegeschäft von Ato
Carsten Mieth leitet das Telekommunikations-, Medien- und Technologiegeschäft von Atos in Zentraleuropa. Er hat mehr als 20 Jahre Erfahrung im ITC-Bereich und war zuvor in verschiedenen großen IT-Unternehmen wie TechMahindra, Wipro Technologies und T-Systems tätig.
© Atos

LANline: Wie schätzen Sie die kurzfristige Entwicklung ein?
Mieth: Vermutlich wird es zunächst bei einer hybriden Cloud bleiben, bei der nur weniger kritische Anwendungen in die Public Cloud ausgelagert sind, während der Rest privat bleibt. Schließlich gehört ein Kommunikationsnetzwerk zur kritischen Infrastruktur und muss daher auch in Krisen funktionieren. Für private 5G-Campusnetze hingegen liegt die Public Cloud voll im Trend. Erste große Telkos wie Verizon oder Telefonica bieten sie aus der Public Cloud an und arbeiten dafür mit bekannten Cloud-Anbietern zusammen.

LANline: Netze wachsen bekanntlich weiter zusammen. Wie sieht Ihrer Einschätzung nach das Zusammenspiel zwischen industrienahen Netzen und IT-Netzen mittelfristig aus?
Mieth: Für das Industrial IoT haben private 5G-Netzwerke das Potenzial, in den nächsten Jahren das WLAN auf dem Unternehmens-Campus vollständig zu ersetzen. Denn im IoT hat 5G eine Reihe von Vorteilen, nämlich hohe Datenraten von 1 bis 20 GBit/s, niedrige Latenzzeiten bis unter einer Millisekunde, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Skalierbarkeit sowie QoS-Management.

LANline: Dennoch gibt es eine gewisse Heterogenität.
Mieth: Das sind eher Ergänzungen. Die Telkos haben auch spezielle Gerätenetze wie LTE/M, Narrow Band IoT, LoRaWAN oder SigFox im Angebot. Sie sollen eine weitflächige Abdeckung erreichen und bieten Vorteile für das IoT. Die geringe Bandbreite ist für viele Anwendungsfälle wie in der Logistik oder bei der Maschinenüberwachung ausreichend. Im Vordergrund steht hier der geringe Strombedarf der Endgeräte. Die Geräte sollen ja jahrelang ohne Batteriewechsel funktionieren, auch an unzugänglichen Standorten. Beide Netztypen werden in Zukunft nebeneinander genutzt, zumal viele der älteren Lösungen ein Vorgriff auf 5G sind. Was in der vierten Generation noch LTE/M oder NBIoT war, ist bei 5G im sogenannten mMTC (Massive Machine Type Communication, d.Red) verwirklicht.

LANline: Ganz praktisch: Was muss ein IT-Netzwerker künftig notwendigerweise über IoT- und IIoT-Netze wissen?
Mieth: Die Sonderstellung von Telekommunikationsnetzen innerhalb der IKT-Branche baut sich langsam ab. Sowohl für interne Netze als auch für TK-Netze ist in erster Linie typisches IT-Know-how gefordert. Zugespitzt gesagt: Wer ein virtuelles internes Netz betreiben kann, ist für die cloudifizierte Zukunft zumindest der privaten Telekommunikation gut gerüstet.

LANline: Herr Mieth, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.


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