CISPE (Cloud Infrastructure Service Providers in Europe) investiert eine Million Euro in die Entwicklung von Open-Source-Software, um das Fulcrum-Projekt voranzutreiben – ein zentraler Schritt hin zur europäischen Cloud-Souveränität.
Die Ankündigung fällt mit der Veröffentlichung des Open-Source-Codes von Fulcrum zusammen, der es europäischen Cloud-Anbietern ermöglicht, ihre Infrastrukturen zu bündeln und zu föderieren – als skalierbare, wettbewerbsfähige Alternative zu ausländisch kontrollierten Hyperscale-Cloud-Anbietern.
Das Fulcrum-Projekt ist eine Open-Source-Plattform, die es europäischen Anbietern ermöglichen soll, verteilte Cloud-Dienste zu föderieren und so mit der Größe, Reichweite und Leistungsfähigkeit von Hyperscale-Providern gleichzuziehen. Über 15 CISPE-Mitgliedsunternehmen beteiligen sich an der Initiative. Alle Cloud-Anbieter sind eingeladen, die im Projekt veröffentlichte Infrastrukturverwaltungssoftware zu nutzen.
Fulcrum zielt nach eigenem Bekunden darauf ab, eine gemeinsame, mehrschichtige Föderation zu schaffen, in der Cloud-Infrastruktur-Anbieter, Applikations-Provider, Managed Service Provider, Internetanbieter, Carrier und Internet-Knotenpunkte ihre Ressourcen bündeln können. Es fungiert als Kooperationsmotor für skalierbare, verteilte Cloud-Infrastrukturen und bietet eine souveräne Alternative zu Hyperscale-Lösungen.
Die Fulcrum (Core)-Software ist ein umfassendes Cloud-Infrastruktur-Managementsystem, das für die Orchestrierung und Überwachung verteilter Ressourcen bei verschiedenen Anbietern entwickelt wurde. Den Quellcode gibt es auf GitHub.
CISPE ist eine Vereinigung von Cloud-Infrastruktur-Anbietern in Europa und besteht aus 34 Mitgliedern mit globalen Hauptsitzen in 14 EU-Mitgliedstaaten. Das Bündnis hat den ersten DSGVO-Verhaltenskodex entwickelt, der eine ausschließlich in Europa stattfindende Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten fördert. Seit 2017 sitzt CISPE gemeinsam mit EuroCIO und CIGREF der Arbeitsgruppe zur Entwicklung von Verhaltenskodizes für die Industrie vor, die den Transfer von Daten erleichtern und ermöglichen soll. Diese wurde von der Europäischen Kommission im Rahmen der EU-Verordnungen zum freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten gegründet. Außerdem gehört CISPE zu den 22 Gründungsmitgliedern der GAIA-X-Initiative und ist Initiator des Pakts klimaneutraler Rechenzentren.
Aktualisierte Grundsätze der digitalen Souveränität
Viele Cloud-Nutzer, darunter auch europäische Behörden, sind besorgt über den Einfluss ausländischer Regierungen, die Zugang zu Daten verlangen, Zölle erheben oder Dienste auf den von ihnen genutzten Cloud-Infrastrukturen einschränken könnten. Diese Nutzer benötigen souveräne Cloud-Lösungen, die zu 100 Prozent auf europäischer Infrastruktur basieren und vor Zugriffen, Störungen oder Löschungen durch Dritte geschützt sind, so CISPE weiter.
Vor dem Hintergrund eines zunehmend instabilen geopolitischen Umfelds hat CISPE seine 2022 erstmals veröffentlichten Prinzipien digitaler Souveränität für Cloud-Infrastrukturdienste überarbeitet. Ergänzt wurden drei neue Handlungsimperative, um souveräne Cloud-Alternativen für Europa zügig zu entwickeln:
Der von CISPE finanzierte Fulcrum-Code wird als Open Source veröffentlicht, sodass sich jeder Cloud-Anbieter, der gemeinsame Ressourcen integrieren oder nutzen möchte, beteiligen kann. Fulcrum zeige, wie vorhandene europäische Ressourcen schnell und effektiv skaliert werden können, um den Anforderungen an Souveränität und strategische Autonomie im Cloud-Bereich gerecht zu werden.
Emile Chalouhi vom Fulcrum-Projekt betonte die Wirkung des CISPE-Engagements: „Die finanzielle Unterstützung und die fachliche Zusammenarbeit mit CISPE waren ein echter Gamechanger. Mit der Veröffentlichung unseres Open-Source-Codes wollen wir die Zusammenarbeit in der Branche stärken, europäische Anbieter bei der Skalierung souveräner Cloud-Lösungen unterstützen und die Verbreitung europäischer Software durch ein neues Cloud-Ökosystem beschleunigen.“
Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE, sagte: „Es herrscht Einigkeit darüber, dass Europa bislang keine wirksamen souveränen und strategisch autonomen Cloud-Lösungen in großem Maßstab zur Verfügung stehen. Frühere Versuche, zentrale „Airbus-ähnliche“ Cloud-Champions zu schaffen, sind gescheitert, weil sie Marktmechanismen und Innovationskraft ignoriert haben. Europas Stärke liegt in seiner Vielfalt und in Bottom-up-Ansätzen: Kein anderer Kontinent beherbergt mehr Cloud-Infrastruktur-Anbieter. Gemeinsam können diese Akteure mehr Vielfalt, Reichweite und Skalierbarkeit bieten als jedes einzelne Unternehmen.“