funkschau: Wo gilt es also genau anzusetzen, was sind die ersten Schritte hin zu einem digitalen Arbeitsplatz?
Genevaux: Entwickeln Sie eine Strategie und beantworten Sie gemeinsam mit den Beschäftigten die Frage: Wie wollen wir arbeiten? Definieren Sie, welche die entscheidenden Kriterien sind und was optional oder „nice to have“ ist. Auf dieser Basis können Sie die passende Auswahl an Tools treffen. Dabei sowie auch beim Rollout kann ein Partner helfen, der die Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungen kennt und entsprechend berät.
Beziehen Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich in diesen Prozess ein und benennen Sie Power User, die als Botschafter fungieren und den Kolleginnen und Kollegen beim Onboarding mit Rat und Tat zur Seite stehen. Schulen Sie ihre Beschäftigten, geben Sie ihnen die Möglichkeit, Tools zu testen, damit sie die optimale Lösung für ihre Abteilung, ihr Team und sich selbst finden.
funkschau: Was sind Ihrer Meinung nach auf diesem Weg die größten Herausforderungen und Hürden? Woran können entsprechende Projekte scheitern?
Genevaux: Erfahrungsgemäß scheitern solche IT-Projekte dann, wenn die IT oder Geschäftsleitung einfach ein neues Tool einführt und sich davon die Lösung all ihrer Probleme erhofft – ohne Gesamtkonzept, Strategie oder Rücksprache mit den Kolleginnen und Kollegen.
Beim zweiten kritischen Punkt hilft selbst die beste IT-Strategie nicht: die Einbindung der Beschäftigten. Fühlen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überfordert von der neuen Lösung, verstehen sie nicht, warum eine neue Lösung sinnvoll ist? Dann steht es um die Adoption der neuen Technologie schlecht. Darum: Binden Sie die Beschäftigten in den Prozess ein, stellen Sie ihnen Weiterbildungsangebote zur Verfügung und nehmen Sie ihre Sorgen ernst.
funkschau: Nicht wenige Mitarbeiter dürften sich im Zuge der Einführung solcher Tools jedoch um Mehrarbeit oder ständige Erreichbarkeit sorgen. Wie können Unternehmen solchen Befürchtungen begegnen?
Genevaux: Durch Kommunikation, Transparenz und klare Spielregeln: Machen Sie deutlich, was von den Beschäftigten erwartet wird – und was nicht. Helfen Sie ihnen, Digitalkompetenz zu entwickeln, um selbstbestimmt zu entscheiden, wie sie die Tools einsetzen sollen und können. Ich bin der Überzeugung, dass das primär eine Frage der Unternehmenskultur ist – Überstunden und Überlastung sind keine Erfindung der Digitalisierung. Auch in etablierten Unternehmen, die noch auf Präsenzpflicht setzen, kann es diese negativen Auswirkungen geben.
funkschau: Herr Genevaux, ein abschließender Blick in die Zukunft: Wie wird sich das Thema Digital Workplace in deutschen Unternehmen entwickeln? Wird in wenigen Jahren jedes Arbeitsumfeld so gestaltet sein wie die deutsche Microsoft-Zentrale?
Genevaux: Nein, ich hoffe nicht, sonst haben wir das Thema Modern Workplace allesamt falsch verstanden. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, den Arbeitsplatz der Zukunft zu gestalten – das bedeutet jedoch keinesfalls, dass jedes Unternehmen alle diese Optionen anbieten muss. Im Gegenteil: Die Herausforderung ist, die Lösungen zu identifizieren, die am besten zum Unternehmen, der jeweiligen Kultur und Arbeitsweise passen.
Ich glaube fest daran, dass der moderne Arbeitsplatz in einigen Jahren in fast allen Unternehmen Realität ist – er aber überall anders aussieht. Die technologische Infrastruktur wird in vielen Fällen sehr ähnlich sein, doch die konkrete Auswahl an Tools, aber auch Arbeitsweisen und -modellen wird sehr vielfältig sein. Zudem wird bis dahin auch unser Kollege KI selbstverständlicher Teil der Arbeitswelt sein und uns viele monotone, repetitive Aufgaben abnehmen. Das gibt uns die Möglichkeit, uns stärker auf unsere menschlichen Stärken wie Empathie und Kreativität zu besinnen. Also: In einigen Jahren wird der moderne Arbeitsplatz deutlich bunter sein!