Laut Kroes soll der Wegfall der Roaming-Gebühren besonders der europäischen Wirtschaft zugutekommen. Doch besonders der Telekommunikationssektor sieht in den Plänen der EU bisher eher ein Verlustgeschäft. »Die Kommission sollte die erwähnten Intentionen bezüglich des Roamings schnellstmöglich konkretisieren, um zu verhindern, dass die Industrie in eine Roaming-Lösung investiert, die noch vor ihrer Einführung ausgemustert wird«, erklärt Tom Phillips, Chief Government und Regulatory Affairs Officer des Industrieverbandes GSMA. Laut Phillips müssen große Investitionen fließen, damit der europäische Mobilfunkmarkt nicht noch weiter hinter den amerikanischen fällt. Die Umsetzung des Roaming-Wegfalls durch die EU könnte für die Carrier allerdings große finanzielle Einbußen bedeuten, die entsprechende Ausgaben vorerst einschränken – oder einen Mehrkostenaufwand für die Nutzer bedingen. »Alle Carrier, nicht nur die deutschen, verlieren eine gute Einnahmequelle«, erklärt Helmut Kohl, Präsident des Bundesverbandes der Anwender geschäftlicher Telekommunikation, Telecom e.V. »Die Margen sinken. Im Prinzip wird das immer auf die Endkundenpreise durschlagen.« Laut Kohl bleibt jedoch vorerst offen, ob sich das als eine Preiserhöhung auswirken würde, oder ob sich nur der Preissenkungsspielraum der Unternehmen beschränkt.
Gerade für die Netzanbieter könnte ein schlagartiger Wegfall der Roaming-Einträge also einen finanziellen Verlust und eine infrastrukturelle Umstellung bedeuten. Für die Nutzer internationaler Kommunikationswege stellen die EU-Pläne dagegen einen klaren Gewinn dar. »Man kann fast sagen, dass die Nutzung ‚erdrutschartig‘ steigen wird«, sagt Hans Joachim Wolff, Vorstand des DVPT (Deutscher Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation e.V.), gegenüber der CRN. »Derzeit lautet die Anweisung in Unternehmen, wenn irgend möglich keine Roaming-Kosten zu verursachen, es sei denn, das Unternehmen ist aufgrund seines Geschäftsmodells darauf angewiesen.« Mit einem klaren Modell und kalkulierbaren Kosten könnte sich diese Vorgabe laut Wolff jedoch schlagartig ändern und das wäre wiederum »ein wichtiges Signal an ein modernes und wirtschaftlich vernetztes Europa.«