Sollten die Roaming-Gebühren innerhalb der EU in den kommenden Jahren fallen, hätte das aber nicht nur positive Einflüsse auf die bestehenden Geschäftsmodelle und die damit verbundene Kommunikation. Auch komplett neue Ansätze könnten sich schnell etablieren. »Beispielsweise Video on Demand-Anbieter oder andere, Netz-basierte Anwendungen könnten profitieren«, so Hans Joachim Wolff. »Offen bleibt die bekannte Frage, wie sich die OTT-Anbieter an den Kosten für die Weiterentwicklung und dem Ausbau der Netze beteiligen.« Klarer Gewinner der Vorgaben wären jedoch die Endkunden, da diese bestehende Dienste in europäischen Ländern ohne Einschränkungen nutzen könnten.
Laut Neelie Kroes hat die EU-Kommission die »Unterstützung aus den höchsten Ebenen der Institution«, um die Pläne auf den Weg zu bringen. Doch gerade aufgrund der schwer kalkulierbaren Auswirkungen auf die Carrier und den Telekommunikationsmarkt, muss es berechtigte Zweifel an einer Umsetzung bis zum kommenden Jahr geben. »Ehrlich gesagt schätzen wir die Wahrscheinlichkeit einer schnellen Umsetzung nicht sehr hoch ein«, erklärt Hans Joachim Wolff. »Von Seiten der Infrastruktur, also der Technik, sollten jedoch die geringsten Probleme zu erwarten sein.« Und auch Helmut Kohl vom Telecom e.V. sieht das angepeilte Ziel der EU eher mit gemischten Gefühlen. »Wir glauben, dass die Abschaffung der Roaming-Gebühren mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen wird. Ob dies tatsächlich bis 2014 umgesetzt werden kann, wird man sehen.«
Sollte die EU-Kommission das Vorhaben innerhalb des gesetzten zeitlichen Rahmens nicht umsetzen, ist für den Juli 2014 die nächste Senkung der Tarif-Obergrenzen des Roamings geplant. Derzeit passen aber schon viele Carrier ihre Tarife an die neue Verordnung an und unterschreiten diese teilweise deutlich. Beispielsweise bietet die Deutsche Telekom ihren Vertragskunden einen kostenlosen Roaming-Wochenpass im Wert von 14,95 Euro.