So regelt man seinen digitalen Nachlass

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5. April 2022, 12:29 Uhr | Martin Fryba
© AdobeStock/Agenturfotografin

Nicht alles, was man digital hinterlässt, soll nach dem Tod bekannt werden. Per Vorsorgevollmacht oder in einem Testament können Erblasser Verfügungen über ihr digitales Erbe treffen. So auch Löschungen sensibler Daten.

Das deutsche Erbrecht kennt keinen Unterschied zwischen Daten und Dukaten, sprich: die Vererbung materieller und immaterieller Werte sind gleichgestellt. Soweit die Theorie. In Erbrecht gibt es kein „digitales Sondererbrecht“, sagt Eric Rauschenbach, Geschäftsführer der Notarkammer Thüringen. Das Eigentum beispielsweise von Speichermedien geht auf die Erben über. Liegen Daten in der Cloud auf Servern von Dienste-Anbietern, werden Erben nutzungsberechtigt. Die Grenze der Vererblichkeit von Daten sei allerdings erreicht, wenn diese höchstpersönliche Rechte des Erblassers betreffen. Denn nach dem Tod eines Menschen besteht dessen Persönlichkeitsschutz fort. Aber auch diese Differenzierung sei keine Besonderheit des digitalen Nachlasses, sondern „Ausdruck der allgemeinen Wertungen des Gesetzgebers“, erläutert Rauschenbach.

Der digitale Nachlass könne daher in einer Vorsorgevollmacht oder im Testament geregelt werden. Rauschenbach empfiehlt, einen Notar hinzuzuziehen. Zwingend sei das nicht, aber aus Gründen der Akzeptanz im Rechtsverkehr zweckmäßig. Auch eine Vollmacht ausschließlich für den digitalen Bereich wäre denkbar. Im Verhältnis zum Bevollmächtigten kann der Vollmachtgeber sogar konkrete Anweisungen erteilen, wie mit den Daten oder einem Nutzungsverhältnis umgegangen werden soll.

Löschungsverfügung erklären
Spezielle Regelungen zum digitalen Nachlass könnten in einem Testament oder Erbvertrag aufgenommen werden. Möchte man beispielsweise nicht, dass bestimmte Erben Einblick in besonders sensible Daten erhalten, wäre dies durch eine Auflage oder die Bestellung eines Testamentsvollstreckers in einem Testament festzuhalten. „So könnte der Testamentsvollstrecker angewiesen werden, dass gewisse Daten zu löschen oder konkrete Vertragsverhältnisse ohne vorherige Einsicht zu kündigen sind“,  führt Rauschenbach aus.

Wie Zugangsdaten festhalten?
Damit den Erben der Zugang etwa zu einem E-Mail-Konto des Erblassers wesentlich erleichtert wird, kann sich die Auflistung aller Benutzerkonten, Passwörter und etwaig dazugehöriger Vertragsverhältnisse anbieten. Um diese wichtigen Informationen vor einem unberechtigten Zugriff zu schützen, sollten sie sicher aufbewahrt werden.

Zugangsdaten etwa in die Vorsorgevollmacht aufzunehmen, davon rät der Rechtsexperte ab. Jeder Änderung oder Ergänzung von Passwörtern würde die Ausstellung neue Urkunden erforderlich machen. Besser wäre es, eine Liste der Zugangsdaten auf einem verschlüsselten und passwortgeschützten lokalen Datenträger zu erfassen und das Masterpasswort einer Vertrauensperson zu übergeben. Das könne auch ein Notar sein.  „Aufgrund der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht der Notarinnen und Notare wird dadurch ein besonders hohes Schutzniveau erreicht“, sagt Rauschenbach.

Facebook muss Erben vollen Zugang zum Konto gewähren

2020 hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Facebook den Erben einen vollen Zugang zum Konto des Erblassers gewähren muss. Dieser Recht hatte die Mutter eines 2012 verstorbenen Mädchens erstritten. Facebook hatte das Konto in den so genannten Gedenkzustand versetzt. Der Mutter war es nicht möglich, beispielsweise Chatprotokolle einzusehen.

Zwar hat Facebook der Mutter alle Daten zum Konto zur Verfügung gestellt. Allerdings erfolgte die Herausgabe per USB-Stick, auf dem unstrukturiert rund 14.000 Seiten als PDF-Dokument abgespeichert waren. Ein Zugang zum originalen Profil war nicht möglich. Hinweise auf mögliche Umstände des Unfalltods, die sich die Mutter der verstorbenen Tochter erhoffte, waren aus den unstrukturierten Daten nicht zu ermitteln. Facebook müsse das Konto der verstorbenen Tochter in einen Zustand versetzen, der es der Mutter ermöglicht, sich auf dem Konto zu bewegen, so der BGH.

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