Posse um geheime Geschäftszahlen

Amazon plaudert Marketplace-Umsatz aus

24. Juni 2019, 11:11 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Bedauerlicher menschlicher Fehler?

Nach den Berechnungen von Wortfilter.de und auch des HDE laufen jährlich über 10 Milliaden Euro Umsatz über Amazons deutschen Marketplace
Nach den Berechnungen von Wortfilter.de und auch des HDE laufen jährlich über 10 Milliaden Euro Umsatz über Amazons deutschen Marketplace
© Photocreo Bednarek - AdobeStock

Auch wenn diese Werte aufgrund der zahlreichen Verhältniswerte und der möglicherweise nicht ganz deckungsgleichen Zeiträume der Umsatzzahlen nur grobe Näherungen sind, wird damit doch greifbar, wie groß und wichtig der deutsche Marketplace inzwischen ist. So zieht das Handelsblatt als Vergleich etwa Zalando heran. Über die größte deutsche E-Commerce-Plattform wurde demnach im vergangenen Jahr insgesamt, also sowohl inklusive des eigenen Umsatzes als auch dem der Drittanbieter, nur ein Bruttohandelsvolumen von 6,6 Milliarden Euro erzielt. Auch der Handelsverband Deutschland (HDE) taxiert den Umsatz des deutschen Marketplace auf eine ähnliche Größenordnung. Er schätzt, dass auf Amazons Marktplatz 27 Prozent der insgesamt 53,3 Milliarden Euro Onlineumsätze aus 2018 entfallen, also sogar rund 14,4 Milliarden Euro. Das ist laut den HDE-Zahlen mehr als dreimal so viel wie alle anderen in Deutschland aktiven Onlinemarktplätze zusammen.

Nachdem vor allem im Heimatland Amerika inzwischen mehrere große Wirtschaftsmedien das Thema aufgegriffen haben, hat Amazon die Zahlen inzwischen gegenüber Wortfilter.de dementiert. Eine Unternehmenssprecherin erklärte die Causa mit dem bedauerlichen Fehler eines einzelnen Mitarbeiters, der falsche Werte ohne Bezug zur Realität verwendet habe. Diese Zahlen seien in keiner Weise korrekt. Der Mitarbeiter, der diese Informationen zusammengestellt hat, habe Zahlen benutzt, die nichts mit den Verkäufen von Drittanbietern bei Amazon zu tun hätten. Dies sei allein auf einen menschlichen Fehler zurückzuführen und es wäre falsch, anzunehmen, dass diese Zahlen etwas über das Geschäft von Amazon in Deutschland oder auf der ganzen Welt aussagen würden, so die Erklärung.

Diese Erklärung wirft jedoch für die Presse und auch die betroffenen Marketplace-Händler nur noch mehr Fragen auf. Woher hatte der Mitarbeiter diese angeblich falschen Zahlen und wie kann es sein, dass sie dann in einer so wichtigen – und daher sicher mehrfach überprüften – Aussendung genutzt wurden? Und selbst wenn diese Darstellung eines bedauerlichen Fehlers eines Einzelnen stimmen sollte, ergeben sich daraus einige Probleme. Denn damit wäre davon auszugehen, dass den Händlern im Rahmen der Kommunikation falsche Zahlen vorgelegt wurden, um sie auf den amerikanischen Marketplace zu locken. Somit bleibt Amazon eine uneingeschränkt glaubwürdige Antwort vorerst schuldig. Zudem soll es laut Wortfilter und Handelsblatt auch andere Präsentationen und Dokumente geben, in denen ähnliche Zahlen auftauchen.


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