Mehr als drei Viertel der deutschen Finanzmanager befürchten teils erhebliche Probleme für das globale Finanzgefüge durch die Einführung von Facebooks Digitalwährung Libra. Sie rechnen deshalb mit Nachbesserungen und Verzögerungen.
Während Facebook und die verbliebenen Mitstreiter sich auch nach dem Ausstieg wichtiger Partner beim digitalen Währungsprojekt Libra kämpferisch geben, nehmen Skepsis und Kritik an anderen Stellen weiter zu. Sie befürchten insbesondere eine zu große Marktmacht und dadurch negative Einflüsse auf Währungen und Wettbewerb sowie die Gefahr von Datenmissbrauch. Dass auch der Banken- und Finanzsektor einige dieser Sorgen teilt, zeigt jetzt eine aktuelle Umfrage des Center for Financial Studies (CFS) in Frankfurt. Darin gaben 76,8 Prozent der befragten Manager aus der deutschen Finanzbranche an, dass die Einführung der Libra aus ihrer Sicht die Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen vermindern würde. 61,4 Prozent sehen deshalb sogar die globale Finanzstabilität durch die von Facebook initiierte Digitalwährung in Gefahr.
Damit verwundert es kaum, dass die Befragten auch hinsichtlich des Zeitplans der Libra Association skeptisch sind, die Währung schon im nächsten Jahr auf den Markt zu bringen. 57,1 Prozent von ihnen rechnen angesichts der zu erwartenden Probleme sowie noch ausstehenden Fragen hinsichtlich der Zulassung und Regulierung nicht damit, dass das gelingen wird. Nur 38 Prozent glauben im Gegenzug, dass die Libra tatsächlich schon 2020 starten kann. Gleichzeitig wollen die Finanzexperten ihre Kritik nicht als gänzliche Absage an die Idee hinter Libra verstanden wissen. 61,1 Prozent sehen eine realistische Chance auf erfolgreiche Nachbesserungen und sprechen sich deshalb gegen ein pauschales Verbot der Libra aus.
»Die Stimmung im Finanzsektor zu Libra ist durchaus ambivalent. Einerseits fasziniert die Idee einer globalen Abwicklungsplattform für Zahlungen, andererseits fürchtet man sich vor unkalkulierbaren Risiken«, fasst Volker Brühl, Geschäftsführer des CFS, die Ergebnisse und Stimmung in seiner Branche zusammen.