Fünf Jahre Streiks

Gewerkschaft erneuert Kampfansage an Amazon

11. Mai 2018, 11:33 Uhr | Peter Tischer
© Amazon

Fünf Jahre Arbeitskampf bei Amazon - und die Bilanz ist so verschieden wie die Interessen: Verdi glaubt, viele Verbesserungen an den deutschen Standorten befördert zu haben. Der Versandhandelsriese versichert, auch ohne Tarifvertrag ein guter Arbeitgeber zu sein.

Verdi gegen Amazon - der Tarifstreit zwischen der Gewerkschaft und dem Versandhandelsriesen aus den USA hat sich zum Dauerbrenner unter den Tarifstreits in Deutschland entwickelt. Fünf Jahre es ist her, dass Verdi nach den Warnstreiks erstmals zu regulärem Arbeitsausstand aufrief. Die ersten Streik-Standorte waren am 14. Mai 2013 Bad Hersfeld und Leipzig - weitere schlossen sich danach an. Doch das Ziel, Verhandlungen über einen Tarifvertrag zu erwirken, hat Verdi bislang verfehlt.

Handelsexperte Gerrit Heinemann, Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Niederrhein, sagt: »Wenn die Gewerkschaft Verdi nach fünf Jahren ihr Ziel nicht erreicht hat, wird es auch in Zukunft nicht klappen. Verdi beißt sich an Amazon wie an einer harten Nuss die Zähne aus. Sie sollten es einfach sein lassen mit den Streiks.«

Doch Aufgeben ist für die Gewerkschaft keine Option. Stefanie Nutzenberger, Verdi-Bundesvorstandsmitglied für den Bereich Handel, sagte in Berlin: «Uns war klar, dass es sich bei Amazon um ein Unternehmen handelt, das auf dem Weg zu einem globalen Monopol ist. Rechtsverbindliche Tarifverträge, die Menschen schützen und Belegschaften, die betriebliche Mitbestimmung wollen, will die Konzernleitung nicht.» Aber der Kampfeswille der Arbeitnehmer steige stetig. «Wir bleiben dran und haben uns auf einen lang anhaltenden Konflikt eingestellt. Das Selbstbewusstsein der Belegschaft ist enorm gewachsen. Wer dicke Bretter bohren will, darf eben nicht nach den ersten Zentimetern aufhören.«

Der Branchenprimus mit seinen 16 000 Mitarbeitern bundesweit will sich dem Gewerkschaftswillen aber nicht beugen. »Amazon beweist jeden Tag, dass man auch ohne Tarifvertrag ein fairer und verantwortungsvoller Arbeitgeber sein kann«, erklärte eine Unternehmenssprecherin. Amazon zahle in den elf deutschen Logistikzentren am oberen Ende dessen, was für vergleichbare Tätigkeiten üblich ist, an allen Standorten bundesweit mindestens 10,52 Euro brutto pro Stunde. Hinzu kämen einige Extras.

Amazon ist als nicht tarifgebundener Arbeitgeber beileibe kein Einzelfall in der Branche. In Deutschland seien weit mehr als 80 Prozent der Arbeitgeber im E-Commerce und Versandhandel nicht tarifgebunden. Diese Arbeitgeber zögen es aber vor, sich hinsichtlich der Entgelthöhe an tariflichen Maßgaben zu orientieren, berichtet der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland.

Die Auswirkungen der Streiks sind laut Amazon überschaubar. Nur ein kleiner Teil der Mitarbeiter an den Standorten schließe sich den Streiks an. Die große Mehrheit arbeite wie geplant. Und wenn mal in Deutschland gleich mehrere Standorte betroffen seien, gebe es Möglichkeiten, das Arbeitsaufkommen im europaweiten Logistiknetzwerk mit mehr als 40 Verteilzentren zu delegieren, erläutert Amazon.

Verdi auf der Gegenseite ist laut Nutzenberger ebenfalls auf einem »guten, gemeinsamen Weg«, sich europaweit mit anderen Gewerkschaften zu vernetzen, um gegen die Ausweichmanöver vorzugehen. Für die Gewerkschaft geht es um mehr als nur einen Tarifstreit mit einem großen Player: »Wir befinden uns bei Amazon in einem Kulturkampf mit einem Unternehmen, das Gewerkschaften aus dem Betrieb halten und Löhne sowie Arbeitsbedingungen diktieren will.«


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