Schützenhilfe erhalten Microsoft-Gegner ausgerechnet von Datenschützern aus den Bundesländern, die die Rechtslage unterschiedlich interpretieren und sich nicht auf eine bundeseinheitliche Empfehlung beim Einsatz von Microsoft-Software in Schulen einigen können. Hessens Datenschützer zum Beispiel verbietet ab 31.Juli den bislang geduldeten Einsatz von Teams, nicht aber Microsoft 365 und darin enthaltene Office-Programme. In Rheinland-Pfalz ist Teams bis zum Sommer 2022 gestattet. In Baden-Württemberg wiederum spricht sich die Datenschutzbehörde gegen MS-Produkte in Schulen aus und damit gegen Office 365.
Mal würden die Datenschutzbeauftragten lauten Protesten gegen Microsoft nachgeben, mal nicht, sucht Malter nach der eigentlich leicht zu fassenden Logik, wonach der Einsatz von Microsoft in Schulen doch entweder rechtswidrig sein müsste oder eben nicht.
DSGVO versus Cloud Act
Angreifbar, weil womöglich mit der DSGVO nicht zu vereinbaren, macht sich Microsoft und jeder andere US-Anbieter freilich aufgrund des Cloud Act, der es US-Behörden im Einzelfall einer Strafverfolgung erlaubt, auf Daten in den EU-Ländern zuzugreifen. Auch tut sich Microsoft selbst keinen Gefallen, wenn Nutzern nicht klar gesagt wird, welche Telemetriedaten für welchen Zweck wie lange von Microsoft gespeichert werden. »Man stelle sich vor, dass ich in 20 Jahren vor einem intransparenten Algorithmus stehe, der mich für einen Job ablehnt, weil ihm ein Text nicht passt, den ich damals im Politikunterricht geschrieben habe«, so die sicher berechtigten Zweifel von Lukas Wagner. In einem offenen Brief bei Netzpolitik.org hat der Gymnasiast aus Hessen beschrieben, wie seine Schule auf seine unbequemen Fragen zum Teams-Einsatz reagierte. Ihm Hass gegen Microsoft zu unterstellen, wäre sicher falsch.
Der 12. Klässler führt sicher auch keinen Religionskrieg der IT-Systeme, ebenso wenig wie Stefan Malter Fan solche ideologischen Grabenkämpfe ist. »Ich gönne jedem seine bevorzugte Software-Lösung«, appelliert er an Ausgleich und Rückkehr zur Sachebene.
Schuld an allem ist und bleibt: Microsoft
Nüchtern betrachtet muss man feststellen: Microsoft hat mit Teams eine recht schnell einzuführende, an Tools reiche und performante Plattform etabliert, die vielen Schulen und Schülern seit mehr als einem Jahr hilft, dass in der Corona-Krise so etwas wie Schule überhaupt möglich ist. Dass sich Schul- und Bildungsträger bitte nach Alternativen umsehen sollen und Microsoft ihnen diesen Impuls nicht gegeben hat, muss man dem Konzern nicht wirklich vorwerfen. Ebenso wenig trifft Microsoft die Schuld, dass Schulen keine Digitalisierungsstrategie haben, dass es Politikern am Bewusstsein dafür fehlt, dass Datenschützer vielstimmig reden und überhaupt dass wir in einer Virus-Pandemie stecken. Man kann und wird das alles vehement bezweifeln und Microsoft immer die Schuld an allem geben. Im Religionskrieg geht schließlich jeder fruchtbare Diskurs unter.