CRN: Ist es nicht gewagt, in der so dynamischen ITK-Branche Dekaden-Ziele so genau zu definieren? Psychologen würden vor konkreten Umsatzzahlen abraten, denn was machen die Bechtle-Mitarbeiter, wenn schon in der ersten Jahreshälfte 2020 die Fünf-Milliarden-Grenze erreicht wird? Füße hochlegen?
Olemotz: Dann gibt es die Vision 2030. Wir hören natürlich die Kritik: Zahlen sind doch keine Visionen, zumal sie nicht den Weg beschreiben, wie man sie erreichen will. Uns ist auch klar, dass es in unserer Branche fast unmöglich ist, eine stärker inhaltlich aufgetankte Vision festzulegen. Keines der Themen, die wir heute diskutieren, war vor zehn Jahren auch nur erkennbar. Wir wollen aber für alle Mitarbeiter Ziele fassbar machen. Letztlich geht es doch – wie bei allen Visionen – darum, allen Stakeholdern zu beschreiben, dass Bechtle 2020 mehr wert und ein attraktiverer Arbeitsgeber sein wird als heute.
CRN: Mietmodelle für IT-Services sind im Trend, weil Kunden IT zunehmend nicht mehr als Anlagevermögen bilanzieren wollen. Sie sollen liquiditätsschonend zu Betriebskosten werden. Wie reagiert Bechtle darauf?
Olemotz: Bei IT-as-a-Service ist die Finanzierungskomponente mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Die Capex- versus Opex-Option, die Sie ansprechen, wird aber zukünftig an Differenzierung verlieren. Für alle Unternehmen, die nach IFRS bilanzieren, verliert die klassische Unterscheidung Capex/Opex an Bedeutung. Das wird zu einer dramatischen Bilanzverlängerung führen. Es bleibt dennoch wichtig, Leasingmodelle für IT-Services anzubieten. Wir haben deshalb auch die Leasinggesellschaft CSS AG in Berlin gekauft und bieten neben den Angeboten unserer Leasing-Partner nun auch eigene Finanzierungslösungen.
CRN: Bechtle feiert das dritte Jahr in Folge einen Gewinnrekord. Besteht da nicht die Gefahr der Selbstzufriedenheit?
Olemotz: Dieses Risiko tragen alle Wachstumsunternehmen. Der Bechtle-Vorstand sieht es und unser Großaktionär übrigens auch. Bechtle hat ja – bis auf wenige Rückschritte – eine 32-jährige Erfolgsgeschichte aufzuweisen. Die Herausforderung besteht darin, die Mannschaft Jahr für Jahr neu zu motivieren, was uns auf der Strategietagung zu Jahresanfang auch gelungen ist. Uns hilft im Übrigen unsere Vision 2020. Die gesamte Incentivierung ist bei Bechtle konsequent darauf ausgerichtet. Klar ist auch, dass wir uns in den aktuellen Zeiten der Marktveränderung wandeln und anpassen müssen. Dazu gehört derzeit ein wesentlich aktiveres Portfoliomanagement, als noch vor einigen Jahren. Damit beschäftigen wir uns sehr intensiv.