Stolpert Deutschlands größtes Systemhaus ausgerechnet über seine jahrelange Erfolgsgeschichte? Vielleicht tut ja Bechtle eine Phase mit »normalem« Wachstum regelrecht gut. Ein Zustand, den die Börse weder kennt noch akzeptiert.
Der drastische Kurseinbruch der Bechtle-Aktie von über zehn Prozent Ende vergangener Woche veranlasste CEO Thomas Olemotz zu einer Stellungnahme. Die Nachrichtenagentur Bloomberg machte ein Interview mit dem Bechtle-Chef zur Schlagzeile, dass Bechtle 2019 »deutlich geringeres organisches Wachstum« erwarte. Das könnte, so Bechtle, als mögliche Gewinnwarnung »missverstanden« worden sein, spekulierte das Systemhaus, das sich sonst an Spekulationen öffentlich nicht beteiligt. Doch angesichts des Börsenbebens, das die Meldung auslöste, sah man sich in Neckarsulm gezwungen, klarzustellen: Die Erwartungen 2019 eines »sehr deutlichen Wachstums bei Umsatz und Ertrag« seien unverändert. Nach heutiger Einschätzung dürften sie »spürbar über 10 Prozent« liegen. Geholfen hatte die Stellungnahme nur ein bisschen, das nahm ein wenig Druck aus der Aktie heraus. Vergangene Woche Freitag stürzten die Papiere regelrecht ab – ein Minus von zwölf Prozent stand zu Buche.
Klar ist: Die Börse reagiert auf vermeintlich negative Nachrichten über Bechtle extrem nervös. Das Systemhaus ist an einer hohen Erwartungshaltung seitens des Kapitalmarkts ja nicht unschuldig. Jahrelang kennt das Umsatz- und Ertragsergebnis nur eine Richtung: und zwar hohes zweistelliges Wachstum, deutlich über dem Durchschnitt der ITK-Wachstumsraten. 2014 erzielte Bechtle einen Umsatz von 2,58 Milliarden Euro, 2018 lag der Erlös dann schon bei knapp 4,33 Milliarden, erstmals in einem Quartalsauftakt eines neuen Geschäftsjahres lag der Umsatz über eine Milliarde Euro (1,24 Milliarden in Q1 2019), ein neuer Rekord, nachdem Bechtle zuvor mitgeteilt hatte, Ziele seine Vision 2020 bereits ein Jahr früher als geplant erreicht zu haben. Das Ergebnis vor Steuern stieg im Zeitraum 2014 von 107,4 Millionen auf 193,2 Millionen Euro.