Einige Jahre staunte der Bechtle-Vorstand über so manchen Wettbewerber, der im Markt als visionärer Cloud-Architekt vorpreschte und damit große Aufmerksamkeit auf sich zog. In Neckarsulm herrscht dagegen eine gewisse Skepsis, wenn ein neuer Technologiehype ausgerufen wird. »Wir sind traditionell nicht als First Mover bekannt«, gibt Bechtle-Chef Thomas Olemotz unumwunden zu. Doch das ändert sich mittlerweile. Der Markt für Cloud-Dienste ist reif, »die technologischen Standards für performante Cloud-Anwendungen sind jetzt gelegt, die Unsicherheiten beseitigt«, entgegnet Olemotz Vorwürfen, man habe sich zu lange Zeit gelassen für einen Einstieg in dieses Wachstumssegment.
Von außen betrachtet hätte man diesen Eindruck tatsächlich gewinnen können. Faktisch aber hat der Systemhausriese technologisch und organisatorisch schon länger an einem Portfolio für diese Zukunftstechnologie gefeilt und Grundlagen gelegt. Jetzt geht man in die Offensive. Private Clouds für größere Kunden baut die Nummer eins im deutschen Systemhausmarkt schon länger. Nun steigt Bechtle in das erweiterte Segment der Public Cloud ein und wird mit einem neuen Marktplatz Anbieter von Multi-Cloud-Services.
Als erster Hersteller ist Microsoft auf dem Bechtle-Marktplatz vertreten, ein CSP-Vertrag wurde bereits unterzeichnet. Weitere Hersteller würden nach und nach dazukommen, »schon in zwei bis drei Wochen«, kündigt der CEO an. Eigene Cloud-Dienste von Bechtle ergänzen die Public Cloud, an der Paketierung arbeite man derzeit. Für diese neue Geschäftseinheit gründeten die Schwaben die Bechtle Clouds GmbH, Bernd Krakau wird sie leiten. Elf Jahre nach der Gründung der Bechtle Managed Service GmbH entsteht also eine weitere Tochtergesellschaft für das erweiterte zentrale IT-Serviceangebot aus Neckarsulm.
Dafür wurden einige Voraussetzungen geschaffen. Die wichtigste: Die eigenen Rechenzentren in Neckarsulm und Friedrichshafen wurden ausgelagert und zu e-shelter nach Frankfurt am Main migriert. Dafür sprachen laut Olemotz nicht nur wirtschaftliche Gründe. »Eine ganz wesentliche Entscheidung war die bessere Performance am Internetkotenpunkt Frankfurt«, um Anwendungen aus Bechtles Public Cloud ohne störende Latenzzeiten anbieten zu können. »Das Timing dieses Markteinstiegs ist genau richtig«, erklärt Olemotz.