Frageformat verhindert Erkenntnisse

Zuckerberg-Anhörung in Brüssel als »Farce« kritisiert

23. Mai 2018, 15:35 Uhr | Peter Tischer
© Facebook

Der Abend mit Facebook-Chef im Europaparlament hätte durchaus erkenntnisreich sein können. Die Politiker hatten gute Fragen, das Format machte es dem 34-Jährigen jedoch leicht, ihnen auszuweichen. Nach wessen Regeln wurde da gespielt?

Eigentlich hätten sich die Fraktionsspitzen im Europaparlament ihre Fragen an Mark Zuckerberg auch sparen können. Der Ausgang der Anhörung des Facebook-Chefs war vorbestimmt durch das Format des rund 90-minütigen Treffens in Brüssel. Erst durften sich die Europa-Abgeordneten mit kontroversen Fragen austoben, dann hatte der 34-jährige Milliardär ein wenig Zeit, sie alle auf einmal zu beantworten. Am Ende streifte Zuckerberg die angesprochenen Themen mit allgemeinen Einlassungen, die man auch anderswo hätte nachlesen können. So kamen trotz besserer Fragen als beim Anhörungs-Marathon im US-Kongress keine neuen Erkenntnisse heraus.

»Statt Sternstunde gab es Mondfinsternis«, resümierte die Vize-Chefin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Nadine Schön. »Fragen gab es genug - aber auch diesmal keine ausreichenden Antworten.« Der Grüne EU-Politiker Reinhard Bütikofer sprach bei Twitter von einer »Farce«. Und viele Kommentatoren nannten die Vorstellung des Europaparlaments peinlich.

Dabei war die EU so stolz darauf, dass Zuckerberg der Einladung nach Brüssel nach langem Hin und Her zugestimmt hatte - sind nach Facebook-Angaben doch bis zu 2,7 Millionen Europäer von dem jüngsten Datenskandal betroffen. Bereits Mitte März hatte der konservative Parlamentspräsident Antonio Tajani die erste Einladung versandt. Zuckerberg schickte allerdings erst seinen Vize-Chef für Öffentlichkeitsarbeit, Joel Kaplan, vor. Später sagte er dann doch zu, das Gespräch sollte allerdings zunächst hinter verschlossenen Türen stattfinden. Erst am Montag wurde auf Druck mehrerer Fraktionen entschieden, dass das Treffen im Internet übertragen werden sollte.

Zunächst schien es noch, als wollten die Parlamentarier beweisen, dass sie Zuckerberg mit tiefgründigeren, präzisieren Fragen als ihre US-Kollegen zu klaren Aussagen zwingen können. Seit im März bekannt geworden war, dass sich die britische Firma Cambridge Analytica Zugang zu Daten von Millionen Facebook-Nutzern verschafft hatte, stehen das Online-Netzwerk heftig in der Kritik. Im April musste Zuckerberg bereits im US-Kongress Rede und Antwort stehen, wo vor allem viele Senatoren überfordert waren. Die Europäer hätten es besser machen können, verspielten ihre Chance letztlich jedoch.

Was die Weltöffentlichkeit zu sehen bekam, war ein Schaulaufen aller Beteiligten. Mit besonders scharfen Worten fiel Guy Verhofstadt, Fraktionschef der Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa, auf. Zuckerberg müsse sich entscheiden, ob er in die Geschichte in einer Reihe mit Technologie-Innovatoren wie Apple-Gründer Steve Jobs und Microsoft-Gründer Bill Gates eingehen werde - oder als »ein Genie, das ein digitales Monster geschaffen hat, das unsere Demokratien und Gesellschaften zerstört«.


  1. Zuckerberg-Anhörung in Brüssel als »Farce« kritisiert
  2. Rherotische Spaziergang dank unvorteilhaftem Format

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