EN goes ISO

"Die internationale Messlatte"

2. Juli 2018, 9:42 Uhr | Autor: Stefan Adelmann

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Inkonsistenzen und Schwächen

Thomas Wawra, geschäftsführender Gesellschafter der DCE Academy
Thomas Wawra, geschäftsführender Gesellschafter der DCE Academy: „Sie wird unter deutscher Flagge weiterentwickelt und internationa- lisiert, das ist eine einmalige Situation.“
© DCE Academ

Enorme Vorteile soll die EN 50600 besonders als Diskussionsgrundlage bieten. So sei es wesentlich einfacher, eine oftmals kostspielige Planung vom Budgetverantwortlichen absegnen zu lassen, wenn diese von der Norm untermauert wird. „Wenn etwas in der EN steht, macht das Wundertüten an Budgets frei“, sagt Wawra.

Perfekt sei der Leitfaden jedoch nicht. Zwar gilt er als unabhängig, in die Ausarbeitung fließen jedoch die Interessen verschiedener Hersteller und anderer Unternehmen ein, das Ergebnis ist laut dem Geschäftsführer der DCE Academy daher oftmals der kleinste „gemeinsame Nenner“ und „immer ein Kompromiss“. „Es gibt noch Inkonsistenzen und Schwächen in der Norm“, so Wawra. „Sie lebt aber und sie wird besser gemacht.“ Bereits jetzt soll sie eine große Hilfe für die Verantwortlichen sein, die jeden Tag den Betrieb eines Rechenzentrums sicherstellen müssen. Auch wenn die Norm nicht vollendet sei, gebe sie Orientierungshilfe. „Sie ersetzt dabei aber natürlich nicht eine vernünftige Planung.“

Erfolg auf internationaler Ebene

Die EN 50600 hat sich als deutscher und europäischer Standard etabliert. Ein Erfolg, der sich bald auch auf internationaler Ebene wiederholen könnte. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe haben 2018 mit der Internationalisierung des Regelwerks begonnen, in den kommenden Jahren wandelt sich die EN 50600 zur ISO/IEC 22237. „Sie wird unter deutscher Flagge weiterentwickelt und internationalisiert, das ist eine einmalige Situation“, berichtet Wawra. Davon können besonders global agierende Unternehmen profitieren. Mit der Norm steht ihnen ein Werkzeug zur Verfügung, das sich länderübergreifend bei Planung und Betrieb von Rechenzentren anwenden lässt. Wawra ist vom gewaltigen Potenzial der EN überzeugt: „Ich bin mit anderen Normen groß geworden und habe gesehen, wie so etwas im Sand verlaufen kann. In Deutschland wurde jedoch bereits vor zwei Jahren alles nach der EN-Norm zertifiziert, das hat Hand und Fuß.“ Noch hat die EN mit dem Uptime-Standard und seinem Tier-System jedoch einen starken Wettbewerber aus den USA, der schon seit einigen Jahren im Markt im Einsatz ist. Laut Wawra nehmen Deutschland und Europa aufgrund der Konstellation des Arbeitskreises aber durchaus eine Führungsrolle ein. „Viele Amerikaner sind unzufrieden mit Uptime, da der Standard nicht unabhängig ist“, so der Experte. Darüber hinaus würden in Uptime internationale Vorschriften nicht berücksichtigt.

Die Weichen sind also gestellt, die Norm befindet sich auf dem besten Wege, auch auf internationaler Ebene der bestimmende Standard zu werden. Noch soll der Prozess aber einige Jahre dauern, die Roadmap sieht die Veröffentlichung der nächsten Bausteine der ISO/IEC 22237 für 2019 vor, weitere sollen dann bis 2023 folgen. Laut Wawra sind Unternehmen aber schon heute auf der sicheren Seite, wenn sie sich für eine Zertifizierung nach EN 50600 entscheiden: „Mit der EN haben sie Planungssicherheit, da sich nicht viel ändern wird. Wer heute ein Rechenzentrum nach EN errichtet, der ist 2024 auch ISO-sicher.“

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