Hybride Netze bilden eine komplexe Basis für Services und Network-Slices. Diese hybride Infrastruktur, das zunehmende Interesse der Mobilfunkbetreiber, das RAN mittels Open-RAN-Strategie zu öffnen sowie kontinuierliche Merger rücken das End-2-End-Ressourcenmanagement in den Fokus.
Der Artikel liefert unter anderem Antworten auf folgende Fragen:
5G gilt als ein wichtiger Faktor der digitalen Wirtschaft, insbesondere bei Industrietechnologien für das Industrial Internet of Things (IIoT). Denn erst eine zuverlässige, schnelle Vernetzung ermöglicht Anwendungen mit neuen Businessmodellen und hohem Automatisierungsgrad. 5G-Netze haben mit zunehmender Frequenz, vor allem im mmWave-Bereich, physikalisch bedingt aber immer geringer werdende Reichweiten. Da diese im Bereich von wenigen hundert Metern liegen, muss die Anzahl der Sende- und Empfangsstationen deutlich wachsen, um eine entsprechende Netzabdeckung zu erreichen. Für Mobilfunk-Provider oder Betreiber von 5G-basierten Unternehmensnetzen steigt somit die Anzahl der Standorte mit den jeweiligen Geräten und Antennen, Netzanbindungen sowie Server- und Software-Installationen deutlich an, die in kürzester Zeit möglichst effizient und mit hohem Automatisierungsgrad auszurollen und in Betrieb zu nehmen sind.
Mit dem Aufbau von 5G-Netzen etabliert sich zudem zunehmend der Trend, auf Open RAN zu setzen, um mehr Interoperabilität zwischen den Komponenten im RAN zu ermöglichen. Diese Öffnung des Radio Access Networks bei Mobilfunknetzen durchbricht die Bindung an einen Hersteller innerhalb eines RAN-Bereichs und kann so neben einer Kostensenkung durch Wettbewerb mittels eines vielfältigen Ökosystems auch für schnellere Innovationen sorgen. Damit nehmen aber gleichzeitig die Diversifikation und die Anzahl von Geräten von unterschiedlichen Herstellern sprunghaft zu, die es zu verwalten gilt. Einer herstellerübergreifenden Inventar- und Ressourcenverwaltung, die wie ein digitaler Zwilling (siehe auch Infokasten) den aktuellen und geplanten Stand der physischen, logischen und virtuellen Netzressourcen Ende zu Ende abbildet, kommt hier eine immer größere Bedeutung zu.
Ein digitaler Zwilling |
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...ist ein virtuelles Abbild eines physischen Systems, das dieses modellieren, simulieren, überwachen, analysieren und ständig optimieren kann. Er zielt darauf ab, die Kluft zwischen „physisch und digital“ mit der richtigen Frequenz und Genauigkeit zu überbrücken und dadurch Leistung und Nachhaltigkeit zu verbessern. Die Technologie wird in einer Vielzahl von Fällen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg eingesetzt – vom Design und der Konzeption bis hin zu Fertigung und Produktion – und ermöglicht eine dezentrale, kollaborative und flexible Arbeitsweise. Sie kann als Werkzeug dienen, um mit verschiedenen Szenarien zu experimentieren und die Auswirkungen jeder Entscheidung ohne reale Risiken zu bewerten, was zu kürzeren Markteinführungszeiten, niedrigeren Kosten und höherer Sicherheit führt. Laut der Capgemini-Studie „Digital Twins: Adding Intelligence to the Real World“1 setzen bereits 60 Prozent der Unternehmen in den wichtigsten Branchen digitale Zwillinge als Katalysatoren ein, um sich nicht nur operativ zu verbessern, sondern auch um ihre Nachhaltigkeitsagenda zu erfüllen. (DK) |
Zu guter Letzt führen die zahlreichen Übernahmen und Merger in der Kommunikationsindustrie dazu, dass die jeweilige Netzlandschaft in Bezug auf eingesetzte Hersteller und Technologien typischerweise sehr heterogen ist. Ein digitaler Zwilling der Netzressourcen kann die Grundlage bilden, eine solche heterogene Netzlandschaft effizient zu betreiben und Erweiterungen oder Veränderungen zu planen. Er bietet sich auch an, um im Falle eines Mergers die verschiedenen Netzbereiche strukturiert zu übernehmen und in die Abläufe zu integrieren.
Die Entwicklungen zeigen, dass zusammen mit der Einführung von 5G eine enorme Transformation auch bei Mobilfunk-Providern stattfindet. Während Virtualisierung im Mobile Core bereits weit verbreitet ist, nimmt sie nun auch im RAN-Bereich zu. Die Netze werden durchgängig hybrider, da neben den virtuellen Ressourcen auch physische Assets bei aktiven und passiven Infrastrukturkomponenten dazugehören. Gleichzeitig wächst die Anzahl der Standorte und der Systeme. Diese hybride Netzinfrastruktur besteht zumeist aus folgenden Ressourcen:
Um weitere Planungen vornehmen zu können, sollte ein Netzbetreiber eine komplette Übersicht über all diese Ressourcen haben. In jüngster Vergangenheit hat sich gezeigt, dass viele Probleme, die Communication Service Provider (CSPs) mit der Auslastung und dem Ausbau ihrer Netze hatten, eine Folge unzureichender Dokumentation sind. Ob Unternehmen ihr Ressourcenmanagement im Griff haben, entscheidet somit über Erfolg oder Misserfolg beim 5G-Ausbau. Für 5G brauchen Betreiber eine deutlich höhere Anzahl an RAN-Standorten mit aktiven und passiven Komponenten, die es zu planen und zu dokumentieren gilt. Das Ressourcenmanagement kann bei der Standortakquisition daher bereits eine entscheidende Rolle spielen. Zu Beginn sucht der Provider in der Regel mögliche Kandidaten im Umkreis der gewünschten Geo-Koordinaten für einen neuen Standort. Für diese Kandidaten sammelt er diverse Informationen, um eine Bewertung durchzuführen. Diese Daten lassen sich wiederum zur späteren Verwendung bereits strukturiert im Ressourcenmanagement ablegen. Nach dem Aufbau des Standortes stehen sie dann für weitere Planungen sowie den Betrieb zentral zur Verfügung.
Auch eine erfolgreiche Automatisierungsstrategie erfordert genaue und konsistente Bestandsdaten, die mit den übergeordneten Management- und Orchestrierungssystemen verknüpft sind. Die Ressourcen- und Inventardaten sollten domänenübergreifend vorliegen und vom aktiven Netz aktualisiert werden, wo immer es möglich ist. Ungenauigkeiten und Lücken im Inventar führen zu Fehlern, kostspieligen Nacharbeiten und zeitraubenden Umplanungen. Sie verhindern somit einen effizienten und automatisierten Roll-out. CSPs kennen das Thema – auch wenn es selten in die Öffentlichkeit dringt. Der erste Schritt zur Automatisierung ist daher eine vollständige Bestandsdatenerfassung aller aktiven und auch passiven Komponenten und Ressourcen im Netz.
Ein einheitliches Ressourcenmanagement bildet die Grundlage für Planung, Aufbau und Betrieb eines 5G-Netzes. Es ist bereits bei der Akquisition von neuen Mobilfunkstandorten entscheidend und schafft die Basis für die Planung und Durchführung des Roll-outs. Aber auch der Betrieb einer hybriden 5G-Netzinfrastruktur sowie jegliche Art von Automatisierung und Orchestrierung machen ein domänenübergreifendes und stets aktuelles Ressourcenmanagement in vielen Fällen entscheidend.
Mit Open RAN steigt die Diversifikation und die Anzahl der Hersteller im Netz. Einer Inventar- und Ressourcenverwaltung, die wie ein digitaler Zwilling die hybriden Netzstrukturen mit allen Abhängigkeiten und Relationen vom RAN und Edge durch das Netz bis zum Core Data Center abbildet, kommt somit eine immer größere Bedeutung zu.