LANline: Unbestritten gibt es in Rechenzentren einen klaren Trend zu LWL-Verkabelungen. Dennoch behält in vielen Bereichen eine Kupfer-Verkabelung ihre Berechtigung, etwa wegen PoE. Welche Kriterien sehen Sie für eine Auswahl beim Einsatz im Unternehmens-LAN?
Riva: Power over Ethernet ist eine Schlüsseltechnologie im LAN-Bereich und wird dies in naher Zukunft bleiben. Durch die Möglichkeiten der Fernspeisung von Geräten bietet die Kupfer-Datenverkabelung eine unübertroffene Flexibilität. Die Option, mittels Fiberoptik-Verkabelungen längere Übertragungsdistanzen zu ermöglichen, führt allerdings zu Freiheiten in der Planung von LAN-Netzwerken. FO ergänzt die Kupfer-Verkabelungen, wo dies im Einsatzfall von Vorteil ist. Die Stichworte lauten etwa Übertragungsdistanzen, EMV-Sensitivität, Kabelvolumen oder Brandlast. Dank kontinuierlicher Weiterentwicklung im Kupfer-Verkabelungsbereich – zum Beispiel Kat. 8.1 für 25 und 40 GBit/s – fehlen aktuell im LAN die Argumente für einen Wechsel zu FO. Und solange im Office-Bereich die geforderten Datentransportkapazitäten nicht über die zweistelligen GBit/s-Level hinausgehen, lässt sich dies mit Kupfer hinreichend abdecken. Augmented und Virtual Reality und andere Anwendungen mit großen Datenvolumen können horizontale FO-Verkabelungen bedarfsgerecht abdecken.
LANline: Welchen Stellenwert nimmt für Ihr Haus das Zusammenwachsen von Office- und Industrievernetzung ein?
Riva: Die Konvergenz der unterschiedlichen Dienste zu einem IP-basierten, einheitlichen Kommunikationssystem ist für R&M einer der hauptsächlichen Treiber im LAN-Bereich. Die Integration von All-IP in der Gebäudeautomation wird der Schlüssel für erschwingliche Smart Buildings sein. Nur damit sind die angestrebten Ressourcen-Einsparungsziele längerfristig erreichbar. Die Gebäudeautomation wird das Vorhandensein einer allgegenwärtigen IP-Infrastruktur in Zukunft schlicht voraussetzen. Die Bedeutung der LAN-Verkabelung, etwa in einer Digital-Ceiling-Lösung, wird dadurch noch zunehmen. Im Rahmen der erwähnten Konvergenz werden die gewohnten Schranken zwischen IT- und Gebäudeinfrastrukturverantwortlichen unweigerlich fallen. Ein Schlüssel zum Erfolg wird demnach auch das Zusammenschmelzen der Aufgaben von IT und Gebäudeinfrastruktur in eine neue Abteilung sein.
LANline: Das schon lange proklamierte Zusammenwachsen findet also statt?
Riva: Genau. Zudem wird im Zusammenhang mit der aktuell beginnenden, schrittweisen Einführung von 5G-Services das Zusammenwachsen der Kommunikationsnetze – kabelgebunden und drahtlos – auch im Innenbereich von Gebäuden eine zentrale Rolle spielen. Hier lautet das Stichwort durchgehendes Optical LAN, und zwar vertikal wie horizontal. Insbesondere für professionelle Applikationen mit hohen Datenmengen, Übertragungsraten und in der Kombination mit extrem niedrigen Latenzen – etwa Remote Surgery, Conferencing mit U-HD/HD Video, alle AR/VR-Applikationen in Echtzeit für Architekten, IT-Programming, Service-Firmen – werden solche Neuverkabelungen ein Muss.
LANline: Sie nannten das Schlagwort 5G.
Riva: Die bisher akzeptierte technische Lösung, dass im Gebäude schnellstmöglich vom Mobilfunksignal auf den Inhouse-WLAN-Service umgestellt wird und man nicht mehr von der meist unzureichenden Indoor-Funkversorgung des öffentlichen Netzbetreibers abhängig ist, wird für einige der 5G-Services definitiv nicht mehr ausreichend sein. Dies wird eine signifikante Veränderung für Planer von Indoor-Verkabelungen und Betreiber von Kommunikationsinfrastrukturen mit sich bringen. IT-Service, Funknetzplanung im Innenraum und die Infrastruktur-Planung sowie ständige Überwachung und Optimierung, abhängig von Mieter, Nutzer- und Service-Profil erfordert ein Zusammenwachsen dieser Service-Abteilungen. Hinzu kommt ein wesentlich erweitertes Spektrum an Skills und Aufgaben.
LANline: Welche Rolle kann R&M dabei spielen?
Riva: Die genannten Bereiche bilden ein interessantes, forderndes und hoffentlich auch attraktives Themenfeld, auch für R&M. Unseres Erachtens sind sowohl die IT- als auch die Infrastruktur-Ansprechpartner aktuell größtenteils noch nicht auf diese 5G-Transformation und die notwendige intensive Zusammenarbeit vorbereitet. Ansprechpartner und Planungsprozesse und unser Support werden sich in den nächsten Jahren der veränderten Situation laufend anpassen.
LANline: Herr Riva, vielen Dank für das Gespräch.