Cloud Native Computing

Konzept mit transformativer Kraft

10. August 2020, 9:37 Uhr | Autor: Heinz Bruhn / Redaktion: Sabine Narloch
© Kheng Ho Toh / 123rf

Von Cloud Native ist gerade viel die Rede, es verspricht schnellere Marktreife und nachhaltig sinkende Entwicklungskosten. Doch ein Selbstläufer ist der Cloud-Native-Ansatz nicht.

Cloud-native Anwendungen werden meist in einem Atemzug mit Containern und Micro-Services genannt. Doch das sind nur technische Mittel: Die Bausteine zur Umsetzung dürfen nicht den Blick auf das wesentliche Ziel des Konzepts verstellen. Worin dieses besteht, beschreibt die 2015 unter dem Dach der Linux Foundation ins Leben gerufene Cloud Native Computing Foundation (CNCF) sinngemäß so: Lose gekoppelte und dadurch sehr elastische Systeme, deren innere Struktur gut sichtbar ist, was eine hocheffiziente Administration erlaubt.

Das heißt: Im Zusammenspiel mit geeigneten Automatisierungstools können Developer und Engineers auch tiefgehende Änderungen schnell, mit überschaubarem Aufwand und ohne unliebsame Überraschungen vornehmen. Wer dem Cloud-Native-Konzept folgt, für den wird auch die IT-Infrastruktur zu etwas, das sich automatisiert austauschen und skalieren lässt.

Strategisches Potenzial im Wettbewerb
Cloud Native Computing bietet das Potenzial dafür, dass das Tempo steigt und die Kosten sinken. Entwickler können Software schneller iterieren und veröffentlichen. Das heißt auch, Unternehmen werden in die Lage versetzt, schneller auf Kundenbedürfnisse und Veränderungen am Markt zu reagieren. Nicht zufällig klingt all das wie eine Definition von Agilität. Denn genau diese Fähigkeit steckt als eigentliches Potenzial hinter der Vision. Mit Cloud Native sind Unternehmen besser in der Lage, Innovation und Transformation zu schaffen und so ein umfassenderes Kundenerlebnis zu bieten. Sie sind daher gut beraten, Cloud Native Computing nicht als vermeintlich reines Infrastrukturthema an die IT-Abteilung abzuschieben. Stattdessen sollten sie die transformative Kraft des Konzepts gezielt als Katalysator für den digitalen Wandel in der eigenen Organisation nutzen. In vielen Branchen ist das eine strategische Frage. Es gehört deshalb nicht nur in Spezialisten-Hände, sondern in die Chefetage.

Exakte Anforderungsanalyse unabdingbar
Noch kursieren viele Missverständnisse zu Cloud Native. So muss man sich etwa nicht fix auf eine Public-, Multi- oder Private Cloud-Umgebung festlegen. Entwickeln und betreiben lassen sich cloud-native Anwendungen in jeder Umgebung. Allerdings sollten sich Unternehmen schon vorab bei der Planung mit allen relevanten Cloud-Diensten im Detail vertraut machen. Dabei ist es wichtig, nicht nur die Anforderungen an die Dienste zu betrachten, wie unterstützte Sprachen, sondern auch die Anforderungen an die Anwendung selbst. Wer das Anforderungsspektrum der geplanten Gesamtlösung nicht von Anfang an ausreichend berücksichtigt, wählt sonst vielleicht Services aus, mit denen das Gesamtpaket nicht machbar ist. In der Praxis betrifft das häufig ganz klassische Themen wie Verfügbarkeit, Sicherheit und Datenmanagement. Abhilfe schafft hier ein Lösungsdesign, das auch die nicht-anwendungsspezifischen Anforderungen klar definiert. Zudem sollte die Auswahl der richtigen Tools für das Management der Cloud und die Sicherstellung eines hohen Automatisierungsgrades überlegt und informiert getroffen werden. Ansonsten kann das volle Potenzial nicht erschlossen werden.

Sich diesen Gesamtüberblick zu schaffen, die verschiedenen Cloud-Anbieter gegeneinander abzuwägen und auch die richtigen Tools zu kennen, stellt für viele Unternehmen eine große Herausforderung dar. Hier kann man sich von Beratern mit entsprechender Erfahrung und Know-how unterstützen lassen.

Turbo für Entwicklerteams
Im Gegensatz zu konventioneller Software werden cloud-native Anwendungen nicht nach einem festgelegten Zeitplan mit sequentiell aufeinander folgenden Phasen entwickelt. Das ist ein Vorteil, denn sie bestehen aus kleinen isolierten Bausteinen, sodass verschiedene Entwickler diese Komponenten unabhängig voneinander parallel programmieren können. Jeder einzelne Entwickler arbeitet meist nur an einem kleinen überschaubaren Ausschnitt der kompletten Funktionalität; von der oftmals enormen Komplexität der Gesamtlösung bleibt er weitgehend verschont. Zudem muss er nicht mehr auf das Ergebnis anderer Entwickler warten – was den immensen Geschwindigkeitsvorteil einer Cloud-Native-Entwicklung gegenüber der herkömmlichen Software-Entwicklungsmethodik erklärt. Dies gilt nicht nur für die Entwicklungsphase selbst, sondern ebenso für regelmäßige Änderungen an der Lösung über deren Lebenszyklus hinweg.

Ein weiterer Vorteil der fragmentierten Anwendungsarchitektur mit entkoppelten Funktionsbausteinen resultiert aus der verbesserten Automatisierbarkeit des IT-Betriebs: Da das Verhalten nativer Cloud-Anwendungen in wesentlichen Zügen vorhersehbar wird, lassen sich Unregelmäßigkeiten im Betrieb automatisch beheben. Das IT-Team muss seine Zeit nicht mehr mit manuellem Trouble-Shooting vergeuden, sondern hat den Rücken frei für Themen, die das Unternehmen substanziell voranbringen. Im Übrigen empfinden die meisten IT-Profis diesen gestalterischen Freiraum als ungeheuer motivierend, was ihre Bindung an das Unternehmen stärkt – in Zeiten des akuten Fachkräftemangels ein willkommener Begleiteffekt, der jeden Arbeitgeber attraktiver für hochqualifizierte Talente macht.

Softwareentwicklung als gemeinschaftliche Work in Progress
Die zyklischen Anpassungen und Verbesserungen erfolgen in kleinen Paketen in einem kontinuierlichen Prozess ohne starres Release-Schema und langwierige Testphasen. So kann in jeden weiteren Entwicklungsschritt Feedback von Anwendern, Kunden, aus Fachbereichen und vom IT-Operations-Team einfließen. Damit entsteht durch Cloud Native auch eine neue Form der Kooperation über Abteilungs- und Unternehmensgrenzen hinweg. Dazu bedarf es jedoch organisatorischer Weichenstellungen – idealerweise flankiert von einem ausgearbeiteten Change Management. Zudem ist es wichtig, die IT-Security-Spezialisten im Unternehmen frühzeitig miteinzubinden und deren Anforderungen proaktiv umzusetzen. Um sich beim Lösungsdesign so nah wie möglich am fachlichen Bedarf zu orientieren, gilt es zudem, die betreffenden Abteilungen vorab mit den Möglichkeiten und Grenzen der neuen Plattform vertraut zu machen. Cloud Native kann Mitarbeitern mehr Gestaltungsräume öffnen – sie müssen dazu aber auch auf ihre jeweilige Rolle im neuen Cloud-Native-Szenario vorbereitet werden.

Die konkrete Umsetzung eines jeden Cloud-Native-Szenarios geht mit technologischen und organisatorischen Herausforderungen einher. Die Entscheidung darüber, ob und in welcher Weise native Cloud-Anwendungen die eigene Geschäftstätigkeit voranbringen können, sollte mit Weitblick getroffen werden. Die richtigen Partner helfen, ein vollständiges Bild zu erhalten und die besten Entscheidungen zu treffen. Nicht mit Blick darauf, was ein konkreter Cloud-Anbieter leisten kann – sondern was das jeweilige Unternehmen braucht.

Heinz Bruhn ist Director Solutions Cloud & Managed Services bei Rackspace Technology

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