Bei Storage für komplexere Einsatzzwecke wie etwa Scale-Out NAS, Objekt-basierenden Systemen oder Flash-Storage-Lösungen tun sich die Hersteller schwer, ihren Kunden mit einem "BYOD"-Ansatz (hier: Bring Your Own Drives), einen Kostenvorteil zu bieten. Langsam scheint die "Front" aber zu bröckeln.
Bis etwa 2012 war es Standard, dass der Händler oder Endkunde vom Speicherhersteller ein komplett mit Platten bestücktes NAS-System beschafft hat. Dann kam die Zäsur: Die Flutkatastrophe in Thailand. Sie ließ die Preise für Festplattenbestandteile explodieren. Hinzu kam, dass dass manche Hersteller die Knappheit für eine Extra-Marge ausnutzten und so drehte sich der Markt der SMB-Lösungen schnell hin zu leeren Systemen, die dann mit entsprechend den Anforderungen ausgewählten HDDs oder SSDs bestückt werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Distributor, Reseller oder Endkunde kann genau die Speichermedien auswählen, die den Anforderungen hinsichtlich Einsatz und Kosten am besten entsprechen. Sollen die Platten beispielsweise im 24x7 Betrieb laufen oder reichen 5x9 etwa für Backup-Anwendungen? Welche Garantiedauer ist nötig (3 oder 5 Jahre)? Gibt es spezielle Einsatzbereiche wie Videoüberwachung oder Streaming? Und natürlich gibt es auch eine große Palette an Kapazitäten, aus der man auswählen kann – ein perfekter Deal für alle Beteiligten.
Warum immer noch das 3-10-fache bezahlen?
Für anspruchsvollere Storage-Anwendungen stellt sich die Situation anders dar: Laut Gartner entfallen bei klassischen Enterprise-Systemen bis zu 50 Prozent der Kosten auf die Platten. Gleichzeitig sind vergleichbare „Open Market Drives“ oft um den Faktor 3-5 günstiger als die „software-coded“ Platten vom Hersteller des Subsystems. Besonders eklatant wird der Unterschied übrigens bei Flash-basierten Systemen – hier gibt es heute z.B. 1 TB Enterprise-SSDs führender Hersteller bereits im Preisbereich von 600 Euro, rund 7-fach günstiger als herstellerkodierte Speichermedien.
Die Frage, warum der Bring Your Own Drives-Ansatz im Enterprise-Bereich oder bei modernen Lösungen wie Scale-Out NAS noch nicht zur Anwendung kommt, liegt im Wesentlichen in der Preis- und Umsatzpolitik der jeweiligen Hersteller – die technischen Nachteile sind jedenfalls gering bis nicht vorhanden: Der Austausch defekter Platten erfolgt bei Bring Your Own Drives entweder ganz leicht in Eigenregie mit ein oder zwei Platten die leicht auf Lager gehalten werden können, oder der Reseller übernimmt diesen Service. In Punkto Zuverlässigkeit (MTBF) kann man die entsprechenden Spezifikationen auswählen – diesbezüglich gibt es keine Unterschiede zwischen OEM-Platten und Platten direkt vom Plattenhersteller. Das Risiko für die Daten ändert sich deshalb ebenfalls nicht, zumal alle Systeme immer für den Ausfall von ein oder zwei Platten durch entsprechende RAID-Konfiguration oder eben Objekt-Storage-Technologie ausgelegt sind. Bleibt eigentlich nur noch der Vorteil, dass bei integrierten Systemen beim Ausfall einer Platte der Hersteller zuständig ist. Da die allermeisten Systeme über den Handel beschafft werden, ist aber auch dies für den Endanwender zu vernachlässigen.
Nach über 7 Jahren Erfolg des Bring-Your-Own-Drives-Ansatzes im Small- und Midrange-Bereich ist es verwunderlich, dass sich das Modell noch nicht in höherwertige Marktsegmente fortgepflanzt hat.