Klimatisierung

Kühlen Kopf bewahren beim Energiesparen

28. April 2017, 9:56 Uhr | Autor: Christian Abels / Redaktion: Markus Kien

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Innovative Kühlkonzepte: Warmwasser und kühle Luft

Der Super-MUC-Großcomputer im Leibniz-Rechenzentrum München nutzt dieses Prinzip und arbeitet mit 40 Grad warmem Wasser. Die ETH Zürich startete vor einigen Jahren das Projekt Aquasar, bei dem die Rechner mit 60 Grad Wassertemperatur im Vorlauf arbeiten. Das 65 Grad heiße Wasser aus dem Rücklauf wird durch einen Wärmetauscher an einen externen, zweiten Wärmekreislauf weitergegeben, der direkt das Gebäudeheizsystem der ETH Zürich speist. Laut Hochschule spart dieses Konzept rund 40 Prozent der Energiekosten und damit rund eine Million Euro jährlich.

Eine zusätzliche Herausforderung bei diesen Konzepten ist die Kühlung der weiteren Baugruppen eines Servers rund um die CPU. Nur den Prozessor kühlen reicht nicht aus, es bedarf noch einer luftbasierten Klimatisierung. Warum also nicht gleich die gesamte Server-Baugruppe in eine Flüssigkeit eintauchen? Das Prinzip des Immersion Cooling nutzt beispielsweise der Vienna Scientific Cluster, ein Supercomputer an der Universität Wien. Hier sind die IT-Komponenten in nicht brennbares Paraffinöl eingetaucht, das die Wärme abtransportiert. Das System arbeitet mit rund 50 Grad, eine zusätzliche Luftkühlung ist nicht notwendig.

Tief Luft holen…
Wer über viel Platz verfügt und eine große, homogene RZ-Fläche kühlen muss, sollte sich das Prinzip von rotierenden Wärmetauschern ansehen, die mit kühler Außenluft arbeiten. Bei der sogenannten Kyoto-Kühlung bewegen große Räder mit Durchmessern von mehreren Metern die Luftmassen. Über die eingebauten Wärmetauscher wird die im Rechenzentrum vorhandene Luft durch die kältere Außenluft gekühlt. Der Unterschied zur direkten Freikühlung ist, dass keine Außenluft direkt ins Rechenzentrum dringt. Bei warmen Außentemperaturen sind jedoch zusätzliche Kältekompressoren notwendig.

Ein bekanntes Beispiel für die Implementierung liefert das Rechenzentrum bei Noris Network in Nürnberg, das bei hoher Auslastung einen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von 1,2 erreicht. Im Vergleich zu herkömmlichen Klimaanlagen gehen die Hersteller dieser Luft-Luft-Wärmetauscher von über 70 Prozent weniger Energie für Kühlung und Betrieb des Rechenzentrums aus. Laut Erfahrung von Rittal rentieren sich Anlagen mit Kyoto-Kühlung etwa ab einer Kühlleistung von 200 kW.

Kälte versprühen
Wer mit direkter oder indirekter Luftkühlung arbeitet und das System auch ohne Kältekompressor stabil halten möchte, kann hierzu das Prinzip der adiabatischen Kühlung nutzen, um die Luft entsprechend den Anforderungen zu konditionieren. Noch bevor die einströmende Luft auf einen Wärmetauscher trifft, wird sie mit zerstäubtem Wasser versetzt. Die erzeugten feinen Tropfen führen dazu, dass das Wasser in dem warmen Luftstrom sofort verdunstet. Bei diesem Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Zustand findet eine thermodynamische Zustandsänderung statt, durch die das Wasser der umgebenden Luft Wärme entzieht. Bei einem solchen System wird es wichtig, dass RZ-Betreiber den Wasserverbrauch im Blick behalten und eine mögliche Keimbildung verhindern. Entsprechende Anlagen können sich ab etwa 100 kW oder 200 kW rentieren.

Keine Sorgen um den Wasserverbrauch müssen sich Betreiber machen, die ihre Anlage mit Meerwasser kühlen, wie beispielsweise das Lefdal Mine Datacenter in Norwegen. Bei Kühlung mit vergleichsweise aggressivem Salzwasser ist allerdings eine durchgängige Titanbeschichtung aller Leitungen des primären Kühlkreislaufes notwendig.

Die Beispiele zeigen: Wer sich nur ausreichend mit alternativen Konzepten beschäftigt und eine Vorstellung davon hat, wie sich das eigene Geschäftsmodell und damit die Nutzung der IT-Systeme in den kommenden Jahren entwickelt, der findet ein günstiges, umweltfreundliches und zukunftssicheres Konzept für eine individuelle IT-Klimatisierung.

Christian Abels, Corporate Communications bei Rittal

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