Kommentar: Netz-Infrastruktur

Netzwerke 2025

25. November 2015, 11:23 Uhr | Mathias Hein, freier Consultant in Neuburg an der Donau
Kolumnist: Mathias Hein
© funkschau

Die Veränderung der Geschäftsmodelle hat auch Auswirkungen auf die aktuellen Netzwerkdienste sowie Infrastrukturen und lässt keinen Stein auf dem anderen. Wie wird die Vernetzung in einem Jahrzehnt aussehen?

Die Transportinfrastruktur wird nicht nur vereinheitlicht, sondern auch zu einem „Shared-Service“ werden. In der Vergangenheit waren die Netzbetreiber die dominierenden Kräfte im Markt, da diese die Kunden in geographisch fest abgegrenzten Bereichen quasi exklusiv bedienten. In der mobilen beziehungsweise der so genannten „Over-the-Top-Welt“ (OTT) erfordert der stärkere Wettbewerb einen teuren Marketingüberbau. Anstelle eines einzigen Netzwerks in einem großen geographischen Gebiet, kann der Kunde künftig auf vielleicht vier oder fünf parallel agierende Netzbetreiber zugreifen. Diese Wettbewerbssituation wird sich natürlich erheblich auf die zu erzielenden Servicepreise auswirken.

Bei den Mobilfunkbetreibern gehört die Teilung von extrem teuren Infrastrukturen (beispielsweise die Sendemasten) seit langer Zeit zu den gängigen Geschäftspraktiken. Inzwischen drängen die Investoren darauf, dass auch die klassischen Transportstrukturen von den Anbietern gemeinsam genutzt werden sollen.

In Europa zeigen die großen mobilen Netzbetreiber inzwischen einiges Interesse an der gemeinsamen Nutzung der Transportnetze. Bis zum Jahr 2025 werden wir wahrscheinlich eine Form der gemeinsamen Nutzung der Transportinfrastrukturen in den meisten Märkten vorfinden. Diese Transportinfrastrukturen werden von den jeweils im Markt agierenden Anbietern gemeinsam genutzt und von den Aufsichtsbehörden streng überwacht, damit der Missbrauch der Marktmacht verhindert wird.

Die Dienste werden zukünftig über segmentierte Verbindungen zum Nutzer geliefert. Ähnlich wie wir uns keinen unnötigen Wettbewerb (und auch den Aufbau von Überkapazitäten) im Transportbereich leisten können, werden auch die Zugangsnetze für den Weitertransport der Daten unterschiedlichster Provider geöffnet. Natürlich wird es auch weiterhin keinen allgemeinen Zugriff auf die Zugangsnetze geben. Es wird jedoch in den kommenden Jahren so genannte Access-Provider geben, die anderen Anbietern einen Managed-Service-Provider-Layer – quasi als direkten Zugang zum Nutzer - bereitstellen.

Das Internet wird ein solcher Dienst sein, aber auch Dinge wie beispielsweise IPTV, Internet der Dinge (IoT), Telemetrie und entsprechende Business-Services. Diese werden über eine gemeinsame physikalische Zugangsleitung auf dem Managed-Service-Provider-Layer getrennt über "virtuelle Zugangsleitungen" übermittelt.

Die bisherigen Begrifflichkeiten des Internets werden verschwinden. Das Geld fließt dorthin, wo es für die Investitionen rentabel erscheint und die „Netzneutralität“ wird schrittweise abgebaut. Nur Zyniker denken dabei an die alten Monopolisten. Die Realität wird jedoch vollkommen anders aussehen: Der Erfolg der Netzwerke der Zukunft wird auf gemeinsamen physikalischen Transport- und Zugangsstrukturen basieren. Über diese Transportstrukturen werden nicht mehr Best-Effort-Dienste, sondern auf den Nutzer zugeschnittene Dienste übermittelt werden. Diese heute noch nicht akzeptierte Sichtweise wird sich durchsetzen, wenn die damit verbundenen Extras für geringe Gebühr zu haben sind. Startup-Unternehmen, deren Geschäftsmodell bisher auf dem kostenlosen Internet-Transport beruhte, werden die damit verbundenen Verbesserungen (verbesserte Sicherheit, Verfügbarkeit, Leistung) sehr schnell nutzen, da die von ihnen bereitgestellten Services über die „nicht neutralen“ Netze besser abgewickelt werden. Daher werden langfristig immer mehr Dienstleistungen (einschließlich der meisten der IoT-Dienste) nur gegen eine Gebühr zur Verfügung stehen.

Die Switching- und Routing-Funktionen werden noch weiter virtualisiert und wir werden im Jahr 2025 die meisten Koppelkomponenten nicht mehr wiedererkennen. Die Unternehmen werden künftig bereits auf der physikalischen Schicht zusammengeschaltet. Dies erfolgt auf entsprechenden Tunneldiensten auf dem die tunnelbasierten Zugangs- und Transportservices aufsetzen und ein kundenspezifisches Subnetz auf Ebene 1 darstellen. Dieses wird auf Basis von virtuellen Switches und Routern realisiert.

Mit dem größten Aderlass bei dieser Entwicklung ist in der Sicherheitsindustrie zu rechnen. Durch die kommenden Entwicklungen wird zukünftig jeder Verbraucher und jedes Unternehmen über seine eigene virtuelle Router-Instanz verfügen und die Anbindungen seiner Services und Anwendungen eigenständig verwalten. Firewalls werden hierfür den notwendigen Virenschutz und das Malware-Scanning von Web-Daten als Service-Funktion vor Ort bereitstellen.

Aus der Perspektive des Verbrauchers wird die größte Veränderung in einem frei formbarer As-a-Service-Framework bestehen, auf dessen Grundlage den Benutzern alle notwendigen Dienste (seien diese mobil oder drahtgebunden) anliefert. Ein solches persönliches Portal ermöglicht es jedem Benutzer, bestimmte Funktionen und Dienste je nach Bedarf auszuwählen und nach Nutzungsdauer oder auf Basis einer individuellen Lizenz zu bezahlen. Das Portal wird mit den entsprechenden automatisierte Serviceprozesse verknüpft und ist von jedem Gerät des betreffenden Benutzer zugänglich.

Fazit

Sicherlich ist der eine oder andere Leser überrascht, dass ich nicht über all die neuen Dienste rede, über welche wir wahrscheinlich in Zukunft verfügen werden? Die neuen Dienste und Funktionen werden sicherlich realisiert werden, denn diese benötigen genau die von mir beschriebenen Funktionen. Das Netz der Zukunft wird anders sein als das heutige Netzwerk, weil es mehr leisten und die Prozesse schneller und preiswerter realisieren muss.

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