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Stromkosten gefährden Rechenzentrums-Standort

9. Oktober 2014, 12:14 Uhr | Dr. Béla Waldhauser, CEO von Telehouse Deutschland
© K.-U. Häßler - Fotolia.com

Hohe EEG-bedingte Stromkosten belasten Rechenzentrums-betreiber in Deutschland. Eine Branchen- und Marktbetrachtung von Dr. Béla Waldhauser, CEO von Telehouse Deutschland.

Die Europäische Kommission hat im Dezember 2013 ein Prüfverfahren zu den bestehenden Regelungen des „Erneuerbaren Energie Gesetzes (EEG) 2012“ eröffnet. Sie setzte sich dazu insbesondere mit dem Vergütungssystem auseinander. Das betrifft die feste Einspeisungsvergütung, die Gestaltung der Markt- und Flexibilitätsprämien und die Höhe der Vergütungssätze. Die Reduzierung der EEG-Umlage, als „Besondere Ausgleichregelung“, die stromintensive Unternehmen und Grünstromlieferanten abführen müssen, war ein kritisch zu betrachtendes Thema dieses Prüfverfahrens. Eine geforderte Reform des EEG stand im Raum. Die Regelung soll dazu dienen, dass strom-intensive Unternehmen nicht unverhältnismäßig hohe Belastungen tragen müssen.

Kriterium für die Einstufung als stromintensives Unternehmen ist per Gesetz eine gegebene Handelsintensität oder zum produzierenden Gewerbe zu gehören. Diese Geschäftsbeschreibungen passen absolut nicht zu Rechenzentrumsbetreibern oder der Internetbranche. Die im EEG festgeschriebene jährliche Strommenge mit „größer 1 GWH“ pro Abnahmestelle, als Schwelle für einen möglichen Befreiungsanspruch, steht im Kontrast zum Energieverbrauch von großen Rechenzentren.

Der liegt bei 80 bis 100 GWH und darüber, je nach Größe. Auch die Betreiber von Internetknoten und Datenautobahnen, wie der DE-CIX in Frankfurt/M. haben einen exorbitant hohen Stromverbrauch. Hier bedarf es im EEG der Neuaufnahme passender Begriffe für den befreienden Einbezug dieser Unternehmen.

Leider ist das nicht zielführend entschieden worden. Die Kommission hat im März einen – auch als Kompromissofferte für Minister Gabriel – zweiten Entwurf der Energiebeihilfeleitlinien (EEAG) vorgelegt, der zukünftige Ausnahmen regeln solle. Darin sind 65 Branchen zusammengefasst, die mit Empfehlung der Kommission ebenfalls eine Ausnahmeregelung beanspruchen können.

Es wurde ein Konsens zwischen der Europäischen Kommission und der Bundesregierung gefunden. Die Rechenzentren werden bedauerlicherweise und folgenschwer in puncto internationaler Wettbewerbsfähigkeit per heute nicht befreit.

Eine derartige Schwächung der Infrastrukturindustrie für ITK ist aus Branchenperspektive politisch nicht vertretbar.

Fatale Auswirkungen

Die Bedeutung der Rechenzentrumsbetreiber und vorhandenen Internetkapazitäten macht Frankfurt/M. und damit Deutschland zu einem digitalen Herzstück in Europa. Ein hypothetisches Szenario, um dies zu verdeutlichen: Ein längerer Ausfall über die Dauer einer Woche der großen Rechenzentren und des Internetknotens DE-CIX in Frankfurt/M. wäre in der Auswirkung auf die Wirtschaft fatal, nicht nur regional.

Ein Ausfall dieser Art betrifft auch die Telekommunikation, denn viele Carrier haben Teile ihrer Infrastruktur in Rechenzentren installiert und somit leiden die Unternehmen als deren Kunden und Nutzer darunter. Der Zugriff auf Daten über das Internet wäre nicht möglich. Bei der heutigen verteilten Wirtschaft mit unterschiedlichen Unternehmensstandorten, Zulieferern und Just-in-time-Produktionsweisen zeigt sich ohne Kommunikationsmöglichkeit die schädigende Auswirkung. Solche Ausfälle würden die Wirtschaft und die Bevölkerung treffen wie die Aschewolke des isländischen Vulkans „Eyjafjallajökull“ im April 2010. Nichts ginge hier mehr über das Internet, ein Effekt wie beim Flugverkehr Rhein-Main mit Stillstand und Chaos. Damals wurde ein europaweit geltendes Flugverbot verhängt mit ungefähr 30 betroffenen Staaten.

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