Richten wir den Blick in die Zukunft, so steht die vierte industrielle Revolution namens Industrie 4.0 bevor. Die Automatisierung und maschinelle Steuerung der Produktion wird ohne Internet und Cloud-Anwendungen nicht realisierbar sein. Informationstechnologie wird der Treiber dieser Arbeitsweise und der breiteren Vernetzung. Das heißt, die Bedeutung der Rechenzentrumsbranche, ob nun die großen Rechenzentren, die Infrastruktur und Managed-Services anbieten oder auch der kleinen unternehmenseigenen Rechenzentren, nimmt bei diesem Trend der Wirtschaft zu – und deren Energieverbrauch ebenfalls.
Die Vision ist die Smart-Factory mit der Integration von Geschäftspartnern und Kunden über die IT-seitige Einbindung in Geschäfts- und Wertschöpfungsprozesse. Cyber-Physical-Systems, mit der kompletten Vernetzung von eingebetteten IKT-Systemen, gehören dazu. Produktionsunternehmen und die Automobilindustrie sind wichtige Industrie-4.0-Kandidaten. Konzerne wie Siemens, BMW und Forschungsorganisationen wie das Fraunhofer Institut arbeiten bereits an Projekten.
Der Branchenverband Bitkom hat Wachstumschancen der Wirtschaft durch Industrie 4.0 antizipiert. Bis 2025 können sechs exemplarische volkswirtschaftliche Branchen über die Umsetzung von Industrie 4.0 mit einer Produktivitätssteigerung von rund 78 Milliarden Euro rechnen: Chemische Erzeugnisse (+ 12 Mrd. Euro), Kraftfahrzeuge und -teile (+ 14,8 Mrd. Euro), Maschinenbau (+ 23 Mrd. Euro), IKT-Branche (+ 14 Mrd. Euro), Elektrische Ausrüstung (+ 12,1 Mrd. Euro) und die Land- und Forstwirtschaft (+ 2,7 Mrd. Euro).
Abwanderungstendenz entgegenwirken
Vor diesem Zukunftsszenario wird die Herausforderung der Ökostromumlage für die Anbieter digitaler Infrastrukturen kritisch. Für Deutschland bildet sich diese wirtschaftliche Auswirkung auf Betriebskosten zum Standortnachteil im internationalen Ländervergleich heraus. Nach-barländer wie etwa Luxemburg haben
attraktive Rahmenbedingungen und ziehen bereits Rechenzentren an.
Durch die verbreitete Virtualisierung zahlreicher Anwendungen und die hohe Datengeschwindigkeit über Glasfaserleitungen ist es nicht mehr entscheidend, die Daten in unmittelbarer Nähe im Rechenzentrum zu speichern. Unternehmer werden sich bei so hohen Energiekosten überlegen, sich in Deutschland anzusiedeln, auch wenn Frankfurt am Main als Digital-Hub die perfekten Infrastrukturvoraussetzungen hat. Für die gesamte deutsche Wirtschaft ist es essentiell, dass die Rechenzentrumsbranche und die unternehmenseigenen Rechenzentren in Deutschland bleiben.
Die strengeren Anforderungen in Bezug auf Datenschutz wirken bei Standortentscheidungen noch pro Deutschland. Wenn die Rechenzentren stattdessen im Ausland sind betrifft das auch die Daten auf den Servern und damit Datenschutzqualität. Die Abwanderungstendenz deutscher Konzerne wie BMW ist keine theoretische herbeigeredete Perspektive, sondern wird schon real. Rechenzentren sind für die hiesige Wirtschaft eine Basisinfrastruktur, vergleichbar mit Energieversorgung oder dem Transportwesen.
Das Borderstep Institut analysierte wichtige Eckdaten. In und für deutsche Rechenzentren arbeiten 200.000 Vollzeitbeschäftige. Im Jahr 2013 wurden zirka 8 Milliarden Euro in deutsche Rechenzentren investiert und die Fläche wuchs in dem Zeitraum 2008 bis 2013 um insgesamt 14 Prozent auf 1,76 Millionen Quadratmeter an. Die Borderstep-Studie (Titel: „Rechenzentren in Deutschland: Eine Studie zur Darstellung der wirtschaftlichen Bedeutung und der Wettbewerbssituation“) wurde im Februar 2014 veröffentlicht und demonstrieren die Notwendigkeit der Bestandswahrung.
Befreiung von der EEG-Umlage
Die Rechenzentrumsbranche plädiert aus zahlreichen Gründen für eine Befreiung von der EEG-Umlage zugunsten der Wirtschaft.
Nach Öffnung der Energiebeihilfeleitlinien für Dienstleister durch die EU-Kommission hatte das BMWI eine Aufnahme von Rechenzentren abgelehnt. Die Hessische Landesregierung hätte hier bei der hohen Rechenzentrumsdichte deutlich mehr Position beziehen müssen. Eine kleine Restchance birgt die neue Öffnungsklausel im EEG. Das BMWi kann zukünftig durch einfache Verordnungen weitere Branchen aufnehmen oder streichen, also kein Veto auf Sicht.