Storage

Zeitgemäßes Storage verlangt nach KI

10. September 2019, 16:22 Uhr | Natalie Lauer
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Künstliche Intelligenz (KI) kann das Storage-Umfeld auf die nächste Stufe heben. Im funkschau Interview erklärt Eran Brown, CTO bei Infinidat für die EMEA-Region, wie KI für einen kosteneffizienten und leistungsstarken Storage-Betrieb sorgt.

Die technologische Entwicklung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) schreitet in großen Schritten voran. Sie hat sich rasant ihren Weg aus den Laboren in die Praxis gebahnt. Die Marktanalysten von IDC gehen davon aus, dass KI unseren beruflichen  Alltag bis spätestens 2023 vollkommen revolutionieren wird. Das gilt auch für den Storage. 

Denn mit jedem Tag wächst das Volumen der weltweit verarbeiteten Daten rasant an, diese Flut ist durch viele Unternehmen kaum mehr zu bewältigen. An diesem Punkt kann wiederum Künstliche Intelligenz ansetzen, Prozesse effizienter gestalten und besonders bei der Analyse großer Datensätze unterstützen. Das hat darüber hinaus positive Auswirkungen auf die Infrastruktur- und Budgetplanung. Ziel der KI ist es, den Einsatz nicht benötigter Ressourcen zu verhindern, wie Eran Brown, CTO bei Infinidat für die EMEA-Region, im funkschau Interview erklärt.

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Eran Brown, CTO bei Infinidat für die EMEA-Region
Eran Brown, CTO bei Infinidat für die EMEA-Region
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funkschau: Herr Brown, was kann Künstliche Intelligenz im Storage-Umfeld leisten?
Eran Brown: Künstliche Intelligenz kann dort die Datenspeicherung erheblich verbessern. Wir leben in einer Datenökonomie, in der der Wettbewerbsvorteil der meisten Unternehmen aus der Fähigkeit resultiert, Daten zu analysieren, um letztendlich die Kundenzufriedenheit und die Entscheidungsfindung zu verbessern. So wie die Menge der Daten aufgrund neuer Technologien und Anwendungen zunimmt, so wachsen die Möglichkeiten eines Einsatzes von KI an. Wenn Daten im Zentrum des Wettbewerbsvorteils von Unternehmen stehen, ist ein kosteneffizienter und leistungsstarker Betrieb dieser Daten das neue Gebot. Künstliche Intelligenz kann in Form von Lernalgorithmen unterstützen, die Datenleistung zu verbessern und die steigenden Kosten für die Speicherung ständig wachsender Datenmengen zu mindern.

funkschau: Aber ab welcher Unternehmensgröße beziehungsweise ab welchem im Unternehmen verarbeiteten Datenvolumen lohnt sich der Einsatz von Künstlicher Intelligenz? Gibt es hier bestimmte Richtwerte, ab wann der Einsatz lohnend ist?
Brown: Die Ausführung eines beliebigen Lernalgorithmus erfordert einen ausreichend großen Datensatz, um den Algorithmus zu trainieren. Für Kunden, die weniger als 100 Terabyte Daten verarbeiten, ist der Kostenvorteil begrenzt, der Algorithmus wird nicht so effektiv zu Buche schlagen. Für diese Kunden sind hyperkonvergente Infrastrukturen und cloudbasierte Lösungen oft die beste Wahl. Anders sieht es aus für Kunden, die mehr als 100 Terabyte Daten verarbeiten. Ab dieser Größe können Lernalgorithmen sinnvoll eingesetzt werden, um Storage-Kosten deutlich zu senken. Für Kunden im Petabyte-Bereich ist die Preisersparnis durch den Einsatz von KI sogar so hoch, dass es sinnlos wäre, KI nicht zu nutzen.

funkschau: Die Fragestellung, welche Daten wo gespeichert werden sollen, ist ein zentrales Thema. Lässt sich diese Problemstellung mit KI lösen?
Brown: Bisher wurden zur Lösung dieses Problems streng vordefinierte Richtlinien aufgestellt. Diese Richtlinien werden von Anfang an bei der Erstellung der entsprechenden Strukturen definiert. Danach bleiben sie weitgehend unverändert, auch wenn im laufenden Betrieb kleinere Änderungen in der Datenverteilung vorgenommen werden. In der Vergangenheit war dies kein großes Problem, da die Daten vorwiegend standardisiert waren, doch neue Anwendungsfälle erfordern leistungsstarke Analysen für große unstrukturierte Datensätze. Für viele Unternehmen bedeutet dies eine permanente manuelle Anpassung ihrer Datenverteilung. Denn je komplexer die Strukturen werden, desto öfter sind Anpassungen notwendig. Eine falsche Entscheidung über die Verteilung kann das Budget belasten indem zu viel kostspieliger Speicher für irrelevante Daten verwendet wird oder der Betrieb durch langsameren Zugriff auf relevante Daten gestört wird.

Einen Ausweg bietet die Verwendung von KI. Mit einem automatisierten Verfahren können sekundengenaue Anpassungen ohne manuelle Eingriffe so vorgenommen werden, dass Unternehmen kostengünstigere Speicherlösungen nutzen können. Mithilfe des maschinellen Lernens kann eine KI-Engine das Nutzerverhalten und die Art des Datenzugriffs bewerten und den Speicherort entsprechend zuordnen. Sie kann auch die Muster projizieren, nach denen Zugriffe auf zukünftige Nutzungsmuster erfolgen. Diese Methode bietet sich auch an, um Vorhersagen über den Storage und die in Zukunft erforderliche Leistung zu machen. Das wiederum hat positive Auswirkungen auf die Infrastruktur- und Budgetplanung. Ziel der KI ist es, den Einsatz nicht benötigter Ressourcen zu verhindern.

funkschau: Welche Schwachstellen des traditionellen Ansatzes der Datenspeicherung, bei dem die aktuell verwendeten Daten in eine leistungsfähige Produktionsumgebung verlagert werden, kann KI eliminieren?
Brown: Je höher die erforderliche Performance, desto teurere Medien werden benötigt, wenn man diese konventionelle Methode zur Datenspeicherung verfolgt. In einer digitalisierten Wirtschaft stößt dieser Ansatz an seine Grenzen. Erstens entstehen dadurch Datensilos, da mehrere Lösungen über eine Vielzahl von Medien hinweg eingesetzt werden, was die Komplexität und Kosten erhöht und damit die Geschäftsentwicklung schwächt. Darüber hinaus verfügt jedes Silo über eine eigene Kapazität, die von keinem anderen Silo genutzt werden kann. Wird mehr Kapazität benötigt, so muss diese reaktiv hinzugefügt werden, was die Kosten weiter in die Höhe treibt und die Agilität des Unternehmens (aufgrund der Implementierungszeit) einschränkt. Zweitens können im traditionellen Ansatz nicht ohne Weiteres Änderungen an produktions- oder unternehmenskritischen Daten vorgenommen werden. Daher müssen Unternehmen große Systeme für High-Performance-Storage vorhalten, um sicherzustellen, dass alle benötigten Daten schnell abgerufen werden können.

Das entscheidende Element, das in der traditionellen Datenspeicherinfrastruktur fehlt, ist die Agilität beziehungsweise die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen in der Nachfrage zu reagieren. Bislang war der einzige Weg, um Performance zu gewährleisten, große Summen für teure Storage-Ebenen auszugeben. Dies ist angesichts der damit verbundenen Kosten keine finanziell tragbare Option.

Künstliche Intelligenz könnte jedoch das fehlende Glied in diesem Szenario sein und die erforderliche Agilität bieten. Sie kann den IT-Manager dabei unterstützen, Storage-Ausgaben zu reduzieren. KI-gesteuerte Lernalgorithmen können die Art und Weise, wie Unternehmen Datenspeicher verwalten, deutlich verbessern. Die Algorithmen reagieren in Echtzeit auf dynamisch wechselnde Workloads und können somit eine kontinuierliche Performanceoptimierung der Daten ermöglichen. Folglich werden viele Dateneingaben und -ausgaben  (I/Os) über DRAM bereitgestellt, was bis zu hundertmal schneller als Flash ist. Das Ergebnis ist, dass das Unternehmen seine Daten in kostengünstiger Hardware verwalten kann, während es Geschwindigkeit und Performance erreicht, die über der von AFAs liegen, und das zu einem Bruchteil der Kosten.

funkschau: Wie wird der Einsatz von KI auf dem Storage-Feld unsere Art und Weise Daten zu speichern beeinflussen?
Brown: Wir werden uns weniger um die Kosten der Datenspeicherung Sorgen machen müssen. Am besten funktioniert dies, wenn wir mit der KI im Neural Cache arbeiten. In diesem Cache können mit Hilfe von maschinellen Lernalgorithmen der Datensatz gescannt und die Datenzugriffsmuster analysiert werden, um versteckte Zusammenhänge zu finden. Dadurch entscheidet der Neural Cache, welche Daten für den sofortigen Zugriff von Anwendungen oder des Benutzers direkt relevant sind. Das Ergebnis: Häufig verwendete Daten werden automatisch im DRAM gespeichert. DRAM ist hundertmal schneller als Flash. „Warme“, also zwar regelmäßig, aber nicht sehr oft verwendete Daten, werden im Flash gespeichert. Flash ist hundertmal schneller als Disk. Weniger häufig verwendete Daten werden auf Nearline-SAS-Laufwerken gespeichert, die am kostengünstigsten sind.

funkschau: Wie sieht es in der Zukunft aus? Können Sie eine Prognose machen, inwiefern und in welchem Ausmaß KI den Storage-Bereich erobern wird?
Brown: Als wir bei Infinidat 2011 das erste Enterprise-Storage-System im Petabyte-Bereich bauten, ging man davon aus, dass nicht allzu viele Unternehmen so viele Daten benötigen werden. Heute haben bereits 4,6 Exabyte an Daten ausgeliefert. Das ist der Beweis dafür, dass gesunkene Kosten für kritische Infrastrukturen Unternehmen dazu befeuern, diesen Preisvorteil als Wettbewerbsvorteil für sich zu nutzen. Neue Geschäftsmodelle werden so teilweise erst möglich gemacht.

Mit Blick auf die Zukunft werden wir Märkte sehen, die sich dem schnellen Datenwachstum anschließen. Es wird aber auch Märkte geben, die so schnell wachsen, dass die traditionelle Methode der Speicherung mehrerer Kopien von Daten unrealistisch wird. Anwendungsfälle im Bereich IoT, die auch Künstliche Intelligenz beinhalten, werden die spannendsten Baustellen sein – auch im Hinblick auf Storage. Früher oder später werden wir diesbezüglich den nächsten Innovationszyklus durchlaufen indem wir Performance und Kapazität, ermöglicht durch Innovation in der Software, auf die nächste Stufe heben.


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