Komponentenknappheit

Chip-Gold und weiße Schwäne

3. August 2021, 15:17 Uhr | Stefan Adelmann

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Engpässe bis 2022

»Mit unserer bahnbrechenden Technologie wie dem Quantencomputing-Effekt simulierenden Digital Annealing können Unternehmen ihre Effizienz und Produktivität langfristig steigern«, wirbt Fujitsu-Mangager Rupert Lehner.
„Kopfschmerzen bereiten uns die starken Lieferengpässe auf der Materialseite. Das betrifft Computerchips, aber auch andere Materialien. Ursache ist vor allem die Liefersituation in Fernost. Betroffen sind mobile Endgeräte, aber auch das x86-Server-Umfeld. Diese Engpässe werden uns sicher über die Sommermonate bis in den Herbst begleiten.“ Rupert Lehner, Head of Central and Eastern Europe & Products Europe bei Fujitsu
© Fujitsu

Die Folgen lassen sich quantifizieren: Die Unternehmensberatung Alix Partners berechnete im vergangenen Mai, dass dieses Jahr aufgrund des Halbleitermangels 3,9 Millionen Fahrzeuge weniger gebaut werden als geplant – mit entsprechenden Milliardeneinbußen für die Hersteller. Und eine Entspannung ist vorerst nicht in Sicht. Laut den Analysten von Roland Berger sollen sich die Engpässe voraussichtlich bis ins Jahr 2022 erstrecken.

Vor allem die Automobilindustrie ist großer Leidtragender dieser vielschichtigen Krise, aber auch die IT-Branche bleibt alles andere als verschont. Verschärft wird die ohnehin angespannte Situation hier durch marktspezifische Entwicklungen. So sind Komponenten wie CPUs, Grafikkarten, Arbeits- und lokaler Speicher seit Monaten gefragt wie nie. Darüber hinaus brummt das Geschäft mit Notebooks und Gaming-PCs, aber auch der weltweite Mining-Boom sorgt für rasant steigende Abverkäufe vor allem von Grafikkarten und Mainboards. Mit dem „H110 Pro BTC+“ erklomm laut der Handelsplattform IT-Scope beispielweise der sonst kaum vertretene Hersteller ASRock in der Mainboard-Kategorie den ersten Platz bei der Nachfrage im ersten Quartal 2021 – „und das auch noch mit einem Produkt aus dem Jahr 2017. Wie das? Dank Steckplätzen für bis zu 13 GPUs ist das H110 Pro BTC+ optimal für das Mining geeignet“, so die Beurteilung von IT-Scope.

Und auch Intels Deutschland-Chef Hannes Schwaderer unterstrich im Zuge der deutschen Partnerkonferenz Ende April, dass die zahlreiche Produktbereiche betroffen sind. Demnach wären CPUs längst nicht das einzige Bottleneck. Viele Komponenten seien knapp, Boards, Displays und mehr. Deshalb müsse man weiter mit Engpässen rechnen.
 
Im IT-Channel angekommen
Im vergangenen Mai meldete dann auch IT-Scope: „Die Chip-Engpässe erreichen den Channel“. So sanken nicht nur die Lagerbestände der Distribution beispielsweise bei vielen Produkten, auch die Händlereinkaufspreise stiegen parallel dazu deutlich an. „Aufgrund der Verknappung bei Grafikkarten und CPUs konnten wir einen deutlichen Nachfrageanstieg verzeichnen, der die ganze Branche vor massive Herausforderungen stellte, ausreichend Ware zu beschaffen“, berichtet Judith Öchsner, Vertriebsleitung Produktmanagement bei DexxIT, gegenüber ICT CHANNEL. Der Würzburger Distributor habe zwar frühzeitig und vorsorglich vordisponieren und ordern und somit trotz Verknappung gut auf den Nachfrageanstieg reagieren können. Längst zieht der Chip-Mangel aber weite Kreise, die sich nicht alle im Channel abfedern lassen.

So ist nicht nur der Komponenten-Absatz an sich betroffen, sondern unter anderem auch der von Komplettsystemen wie PCs und Notebooks. Laut den Marktanalysten von Context waren die Distributionsverkäufe von mobilen Rechnern im Mai 2021 nach einem langen Höhenflug erstmals wieder rückläufig (mehr ab Seite 36). Der Hauptgrund sei demnach nicht etwa eine eingebrochene Nachfrage, sondern vielmehr die anhaltenden Lieferschwierigkeiten bei Komponenten verschiedenster Couleur. „Die relativ niedrige Verfügbarkeit von Grafikkarten reduzierte das PC-Angebot und hat unter anderem direkte Auswirkungen auf den PC-Absatz über die Systemintegration. Auch hatte der Upgrade-Markt im Verlauf des Jahres 2021 an Schwung verloren, vor allem durch die Grafikkarten- und CPU-Knappheit“, erklärt Wolf Stertkamp, PR-Manager bei MSI Deutschland. Er unterstreicht ebenfalls, dass sich die Warenknappheit bis ins Jahr 2022 erstrecken könnte.

Kopfschmerzen bereiten die Lieferengpässe auch Fujitsu, wie Rupert Lehner, Head of Central and Eastern Europe & Products Europe, auf Anfrage von ICT CHANNEL erklärt. „Das betrifft Computerchips, aber auch andere Materialien. Ursache ist vor allem die Liefersituation in Fernost.“ Betroffen seien mobile Endgeräte, aber auch das x86-Server-Umfeld. „Diese Engpässe werden uns sicher über die Sommermonate bis in den Herbst begleiten, sodass sich auch bei uns Lieferverzögerungen nicht immer vermeiden lassen.“ Eine Prognose für das Gesamtjahr wolle Lehner zwar noch nicht treffen, „aber die Materialverfügbarkeit bleibt vorerst angespannt“.

Eine Einschätzung, die auch Judith Öchsner von DexxIT teilt: „Wir vermuten, die Chip-Krise und die damit einhergehenden Engpässe werden noch bis ins nächste Jahr andauern. So rechnen viele uns bekannte Hersteller auf jeden Fall noch bis Ende dieses Jahres mit Lieferschwierigkeiten.“ Und diese seien nicht nur im Bereich der Komponenten spürbar, sondern in nahezu allen Produktbereichen. „Die Krise ist zudem nicht allein auf Produktionsengpässe zurückzuführen. Auch durch die fehlenden logistischen Kapazitäten befürchten wir noch langfristige Verfügbarkeitsengpässe.“


  1. Chip-Gold und weiße Schwäne
  2. Engpässe bis 2022
  3. Kurzfristige Reaktionen kaum möglich

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