funkschau: Was muss passieren, um Lücken in der Datenkompetenz zu schließen? Und welche Rolle kann die Bildung spielen?
Golombek: Das Wissen um die Nutzung von Daten darf kein Herrschaftswissen von
einigen Wenigen bleiben – im Gegenteil sollte es unser aller Ziel sein, die Datendemokratisierung voranzutreiben, sodass am Ende jeder in der Lage ist, Daten zu analysieren und zu nutzen. Dafür müsste das Thema tatsächlich in den Schulen gelehrt werden – und zwar im Pflichtunterricht, nicht nur in AGs oder Wahlfächern.
Auch aus der Wirtschaft kann entsprechende Unterstützung kommen, um das Wissen zu teilen: So haben wir bei Exasol unsere „Data Dreamer Plattform“ ins Leben gerufen, auf der Interessierte immer wieder neue Informationen rund um das Thema Daten, deren Nutzung und Analyse finden – bis hin zu gesellschaftlichen Themen wie Daten-ethik oder auch, wie Datenanalyse gegen die Klimakrise helfen kann.
funkschau: Brauchen Unternehmen heutzutage einen Data Scientist? Wenn ja, warum?
Golombek: Die Fähigkeit, Daten zu sammeln und intelligent auszuwerten, wird langfristig darüber mitentscheiden, wie erfolgreich ein Unternehmen in seinem Markt ist. Ich bin davon überzeugt, dass beispielsweise Unternehmen in Zukunft danach bewertet werden, wie nachhaltig sie ihre Waren produzieren. Data Science ist da ein unverzichtbarer Baustein, um zu erkennen, wo noch Einsparpotenzial beim Einsatz von Ressourcen besteht. Ein Data Scientist alleine wird allerdings wenig ausrichten können. Ebenso wichtig ist, dass sich die Organisation für Tools entscheidet, die rasche Analysen in Echtzeit ermöglich. Und, wie bereits erwähnt, dass das Verständnis von Daten und die Vorteile der gezielten Nutzung im ganzen Unternehmen angekommen ist.
funkschau: Welche Fähigkeiten sollte ein Data Scientist in diesem Zusammenhang mitbringen?
Golombek: Einen guten Data Scientist zeichnet zum einen aus, dass er das Handwerk, also Programmiersprachen wie SQL, Python oder R beherrscht; ebenfalls hilfreich sind grundlegende Kenntnisse über Software-Architektur. Darüber hinaus sollte sie oder er natürlich ein Gespür für und Spaß an Zahlen und Prozessen haben und analytisch denken. Dazu kommen Soft Skills wie Kommunikationsfähigkeit und Empathie. Data Scientists arbeiten in Unternehmen abteilungsübergreifend und müssen daher in der Lage sein, zwischen Disziplinen wie beispielsweise der IT und der Verwaltung zu „übersetzen“.
funkschau: Stichwort Gender Gap: Gibt es hier – wie in den meisten MINT-Bereichen – auch geschlechtsspezifische Unterschiede?
Golombek: Im Bereich Data Science ist der Frauenanteil im Vergleich zu andern MINT- beziehungsweise Informatik-Disziplinen relativ hoch: Rund 26 Prozent der Data Scientists sind weiblich. Es wäre aber dringend wünschenswert, dass noch mehr Frauen den Weg in die Datenwissenschaft finden – auch in die Programmierung. Nur so kann IT langfristig die Diversität der Gesellschaft korrekt abbilden. Solange vor allem weiße Männer die Algorithmen gestalten, wird der digitale Blickwinkel immer ein männlich dominierter sein und nicht die Bedürfnisse aller Gesellschaftsgruppen bedienen können. Auch hier ist das A und O, schon bei den jüngeren Generationen anzusetzen und Mädchen und junge Frauen zu ermutigen, den Weg in Richtung MINT einzuschlagen. Das Ganze ist dabei schon heute längst nicht mehr nur eine Gerechtigkeitsfrage – in Zeiten des Fachkräftemangels können es sich die Unternehmen schlicht nicht mehr leisten, auf weibliches Know-how zu verzichten.