AR-Anbieter Ubimax

Die Datenbrille, das neue Smartphone

14. Juli 2020, 15:13 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Mit dem Rücken zur Wand

Derzeit steigt laut Witt die Nachfrage seitens Bestands- aber auch Neukunden und stärkt zusehends die Verhandlungsbasis des Anbieters. So lauteten die Fragen vor der Krise noch: „Könnt ihr am Preis drehen? Das ist viel zu riskant – wie viele setzen das schon ein? Was für Sicherheiten bietet ihr?“ Jetzt sind die Forderungen hingegen andere, wesentlich dringlichere: „Wann könnt ihr liefern? Und wieviel?“ Die Frage nach dem Preis ist mittlerweile nachgelagert. Die Angst vor dem Risiko sei mit einem Mal wie weggeblasen, „wenn man mit dem Rücken an der Wand steht und über seinen Schatten springen muss“, konstatiert der Ubimax-CEO. „Und da haben wir jetzt die Chance, aus der deutschen Sicht heraus wieder den Anschluss zu bekommen – leider, muss man schon fast sagen.“

Denn Deutschland hat sich in Hinblick auf die Innovationsführerschaft beim Einsatz von Augmented und Virtual Reality das Heft aus der Hand nehmen lassen. „Als wir 2014 mit Augmented Reality hierzulande begonnen haben, war Deutschland recht weit vorne dabei.“ Das habe mit der Automobilindustrie zu tun, wie der CEO gegenüber funkschau erläutert. „Industrie 4.0 ist ja quasi eine deutsche Erfindung. Es  wurde daher viel Geld investiert, weil auch der Personalkostendruck sehr hoch ist, Fachkräftemangel herrscht und so weiter. Im Grunde waren damit die Vorzeichen gut gesetzt.“ Danach sei allerdings das berühmt-berüchtigte „deutsche Phänomen“ zum Tragen gekommen: der mangelnde Mut zum Fehler. „Man kommt nicht so richtig weiter hierzulande, weil es an Risikoaffinität mangelt. Genau die braucht es aber, wenn man IT-Innovationen in den Markt bringen will. Das ist der Punkt, wo sich das Blatt gewendet hat. In der Folge hat der amerikanische Markt gegenüber dem europäischen hier einen leichten Vorsprung“, so Witt. Die Covid-19-Krise mache die deutsche Wirtschaft aber wieder risikoaffiner.

Für die Unternehmen, die sich trotz „notgedrungenem Mut“ zum Risiko damit schwertun, ein solches Investment zu tätigen, hat Ubimax ein Leasingmodell konzipiert, das  der Anbieter seit Ende letzten Jahres, anfangs als Testphase, an den Mann bringt. Kunden des Everything-as-a-Service-Angebots „XaaS“ sollen dabei von einem einfach zu kalkulierenden und skalierenden Ansatz profitieren, so das Versprechen. Ein Bezahlmodell, das besonders vor dem Hintergrund der Pandemie nur allzu gerne in Anspruch genommen wird. „Das Angebot ist allerdings nicht für jeden Kunden gleich wichtig“, so Witt. „Aber für die Unternehmen, die nicht so stark investitionsmäßig getrieben sind, sondern aus dem operativen Geschäft heraus leben, war das natürlich ein Segen.“ Diese hätten das Modell sehr gut angenommen. „Zumal es sehr leicht für sie war und ist, auf diese Weise die Technologie schnell einzuführen.“

Die Anwendungsfelder
Auf die konkreten Einsatzfelder von AR im Industrieumfeld angesprochen, zieht Witt gerne den Vergleich zu Microsoft . „Frontline ist die Plattform und unsere Solution Suite ist wie Microsoft Office. So wie Microsoft Word, Excel und Powerpoint hat, so haben wir unsere verschiedenen Industrielösungen“, erklärt er. Entsprechend bietet Ubimax vier Lösungen, die alle auf einer einheitlichen Plattform aufbauen, mit jeweils unterschiedlicher Adressierung:

  • Beispiel Kommissionierung in der Logistik: Hier werden Waren online bestellt und müssen zusammengetragen werden. Das übernehmen in manchen Fällen automatisierte Systeme, also Roboter, in den meisten Fällen führen jedoch Menschen diese Tätigkeit aus. Dafür brauchen sie Instruktionen (Wo muss was wann hin?). Auch sollten sie freihändig arbeiten können, um den sicheren Transport der Ware zu gewährleisten.
  • Beispiel Fertigung: Oft gibt es Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Ein klassischer Fall ist der Zusammenbau in der Automobilindustrie, wo Dinge, meistens komplexe Produkte, zusammengebaut werden müssen. Hier benötigt der Mensch tendenziell Informationen, weil sich die Varianten von Produkt zu Produkt ändern können.
  • Anwendungsfall Wartung und Instandhaltung: das Durchführen einer Wartungsprozedur für eine Maschine oder Anlage. Ähnlich wie bei einer Schritt-für-Schritt-Anleitung, allerdings liegt hier der Fokus auch auf dem Thema Datenerfassung. Es werden Messwerte erfasst, um final einen automatisch generierten Wartungsbericht zu erstellen.
  • Der aktuell spannendste Bereich im Kontext Corona ist laut Witt Remote Support. „Wenn man so will, das ‚Skype oder Microsoft Teams für die Datenbrille‘“, sagt er. Dabei befindet sich ein Mitarbeiter beispielsweise an einer Maschine und hat ein Problem. Mit einer Datenbrille kann er nun mit einem Experten, der nicht vor Ort sein muss, gemeinsam dieses Problem lösen. Aus Sicht des Spezialisten ergeben sich diverse Möglichkeiten: Der Experte kann Bilder oder PDF-Dokumente zeigen, visuelle AR-Marker setzen oder Recordings erstellen, um sich nochmal im Nachgang auszutauschen – all diese Informationen lassen sich aufzeichnen, erfassen, abspeichern und weiter verwerten. „Das ist dann definitiv mehr als nur Skype. Und da gibt es natürlich einen riesigen Run drauf“, bekräftigt Witt.

Grundsätzlich lassen sich Remote-Support-Anwendungen auch im B2C-Umfeld einsetzen: Überall dort, wo ein Produkt nicht funktioniert. „Der Backofen geht nicht – dann ruft man eben den Hersteller an. Das sehen wir auch“, so Witt. „Unsere Lösung ist nicht nur auf Profi-Datenbrillen zu bekommen, sondern auch auf Smartphones oder Tablets verfügbar, sodass man sie theoretisch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im Privatkontext einsetzen kann.“ Doch bis dahin kann noch Zeit ins Land ziehen: „B2B ist der Treiber und B2C wird früher oder später nachziehen“, ist der CEO überzeugt.

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