funkschau Interview mit Dirk Werth/AWSi

"Die deutsche Industrie hat den Kampf noch lange nicht verloren"

18. Dezember 2018, 12:11 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"Ein unspezifisches Magengrummeln"

funkschau: Aber es gibt Handlungsbedarf. Was muss sich in deutschen Unternehmen konkret ändern, um stärker aufzuschließen?

Werth: Es braucht mehr Experimentierfreude, eine Fail-&-Learn-Einstellung. Einfach ausprobieren, welche Produkte ich bei welchem Kunden platzieren kann. Nicht alles geht dabei gut. Aber ich muss schnell scheitern und daraus meine Schlüsse ziehen. Das ist in den USA und China sehr populär, in Deutschland entspricht es aber nicht der Grundmentalität.

Aufpassen muss die Wirtschaft auch auf die Knappheit an ausgebildeten Mitarbeitern. Wir sprechen teilweise heute schon von astronomischen Zahlen an offenen Stellen, aber das wird auch nicht besser werden. Die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften wird zum Standortfaktor. Denn die Mitarbeiter im europäischen Umfeld sind im Vergleich sehr ortsgebunden. Und wenn sich diese Knappheit noch verschärft, wird sie definitiv eine Limitierung.

funkschau: Und was raten Sie im Speziellen kleineren Unternehmen, wie sie das Thema Digitalisierung angehen können?

Werth: Es braucht einen unabhängigen Berater, der durch den Dschungel leiten kann. Gerade in kleinen Unternehmen ist jemand gefragt, der einen ersten Schubs gibt und die Transformation anstößt. Denn aktuell herrscht noch viel Unsicherheit im Markt. Digitalisierung ist oft ein unspezifisches Magengrummeln, aber nur wenige Unternehmen wissen konkret, was es zu tun gilt. Hier ist externe Unterstützung sehr wichtig – beispielsweise von unserem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Saarbrücken.

funkschau: Waren Sie trotz dieser Zurückhaltung und Unsicherheit zuletzt bei Ihrer Arbeit mit Unternehmen von einem Digitalisierungsprojekt besonders begeistert?

Werth: Nicht zwangsläufig von einem Projekt, aber ich bin oft auf der menschlichen Seite sehr beeindruckt. Beispielsweise beeindruckt davon, wie intensiv sich einige Handwerksbetriebe mit der Digitalisierung beschäftigen. Es zeigt sich: Digitalisierung ist ein People Business. Technik und Technologie sind nur Mittel zum Zweck. Digitalisierung lebt von handelnden Personen und daher gilt es, Personen zu ertüchtigen, den ersten Schritt zu gehen.

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