Immersive Audio

Die Matrix für Audiophile

9. Juli 2021, 11:30 Uhr | Interview: Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Der Inhalt ist entscheidend

Harman Hyperion Sphere, 3D-Audio
Für die Entwicklung seiner Immersive-Audio-Produkte setzt Harman ein spezielles 360-Grad-Modell ein, die sogenannte „Hyperion Sphere“, mit deren Hilfe exakt ermittelt werden kann, wie genau Nutzer virtuelle Quellen im Vergleich zu realen lokalisieren können. Konkret lassen sich damit unter anderem die Leistung des Virtualisierungs-Algorithmus sowie HRTF-Datensätze messen. Head-Related Transfer Function (HRTF, seltener kopfbezogene oder Außenohr-Übertragungsfunktion) beschreibt dabei die komplexe Filterwirkung von Kopf, Außenohr und Rumpf.
© Harman

funkschau: Wie läuft der Prozess bei der Entwicklung eines 3D-Audio-Produkts ab und wo liegen hier die größten Herausforderungen?

Franco: Die Systeme benötigen strengere Normen in Bezug auf ihre akustische Leistung, zum Beispiel hinsichtlich eines gleichmäßigen Frequenzgangs über verschiedene Geräte hinweg. Rechenleistung und Latenzzeit sind ebenfalls entscheidend, insbesondere wenn Head-Tracking-Systeme mit von der Partie sind. Auch die Abstimmung der Systeme ist komplexer; gerade im Car-Audio-Bereich gibt es zusätzlich die Herausforderung, die Audiosysteme auf sehr engem Raum auf mehrere Nutzer abzustimmen. Immersive Audio ist ein komplexes Feld, das auf vielen Disziplinen wie Software Engineering, DSP (Digital Signal Processor), Psychoakustik, Raumakustik und Maschinelles Lernen beruht, und auch Herausforderungen beim Produktdesign überwinden muss.

funkschau: Wenn es um immersive Technologien wie Virtual, Augmented oder gar Mixed Reality geht, gilt grundsätzlich die Devise „Content is Key“. Inwiefern trifft dies auch auf Immersive Sound zu?

Franco: Der Inhalt ist bei jedem Rendering-System entscheidend. Bei einem Mono-Lautsprecher ist es egal, in welcher Qualität abgemischt wird, ein wirklich immersives Audioerlebnis lässt sich nicht erschaffen. Zum Glück hat sich aber bei der Übertragung und dem Speichern von hochauflösenden immersiven Sounds einiges getan. MPEG-H ist ein gutes Beispiel für ein Audioformat, welches derzeit in mehreren Ländern für den Rundfunk verwendet wird und sowohl objektbasiertes, kanalbasiertes und binaural gerendertes Audio als auch Ambisonics überträgt.

funkschau: Welche Player könnten in diesem Zusammenhang noch eine Rolle spielen? Welche Partnerschaften machen Sinn?

Franco: Harman hat den Vorteil, die Einführung von Immersive Audio in den Bereichen Automotive, Consumer- und professionelle Audiolösungen durch unser Produktportfolio und unsere Audioexpertise vorantreiben zu können. Wir liefern Produkte für die gesamte Bandbreite von der Erstellung von Audioinhalten im Tonstudio bis hin zur letztlichen Nutzung und Wiedergabe durch den Verbraucher. Dabei ist, wie schon erwähnt, der Inhalt entscheidend. Durch den Einsatz von 5G-Technologie für das Entertainment im Auto können wir beispielsweise Lösungen für Gaming, Mediennutzung und Content-Erstellung anbieten. Das haben wir Anfang dieses Jahres auch während unseres virtuellen Harman Explore Events mit unseren Konzepten für neuartige Erlebnisse im Fahrzeug gezeigt. Um solche Erlebnisse zu erreichen, werden auch weiterhin Partnerschaften mit Content-Anbietern ausschlaggebend sein. Sowohl die Streaming-Infrastruktur als auch Soziale Netzwerke zum Teilen von Inhalten müssen diese neuen immersiven Formate unterstützen. Live-Konzerte würden während dieser Pandemie ebenfalls von immersiver Audiotechnologie profitieren und Content Creator experimentieren auch bereits mit diesen neuen Formaten.

funkschau: Ihr Fazit: Wie massentauglich sind 3D-Audio-Lösungen?

Franco: Sie sind nicht nur massentauglich, sondern machen schon jetzt einen echten Unterschied. In Asien werden zum Beispiel immer mehr Spiele und Filme unterwegs konsumiert. Immersives Audio hilft dem Nutzer, sich auf den Inhalt zu konzentrieren. So kann man in der U-Bahn auf dem Weg zur Arbeit Filme in einem virtuellen Surround Setup erleben. Die von Harman entwickelte und in der JBL Quantum Headset-Serie eingesetzte Technologie wird bereits im Bereich Gaming, übrigens auch von professionellen E-Sports-Spielern, genutzt.

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Kurzgefasst:  Head Tracking
Damit bezeichnet man ein Motion-Tracking-Verfahren zur Erfassung der Position, Lage und Bewegungen des Kopfes, um eine dem Blickwinkel entsprechende Darstellung bereitzustellen oder eine andere mit dem Kopf erfolgende Steuerung zu ermöglichen. Die Erkennung kann beispielsweise durch am Kopf befestigte Sensoren, wie Kreiselsensoren oder durch eine oder mehrere auf den Kopf gerichtete Kameras erfolgen, also ein optisches Tracking. Die Anwendungsgebiete reichen von der vereinfachten Betrachtung von 3D-Modellen, über Computerspiele bis zum militärischen Einsatz. Head Tracking wird in einigen Bereichen auch mit Eye Tracking kombiniert. (DK)

 


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