In Deutschland stehen tausende Unternehmen vor einem Nachfolgeproblem. Doch wer kauft eigentlich Unternehmen, welche Hürden gibt es und wie kann Digitalisierung den Übergang erleichtern? Florian Adomeit erklärt, welche Herausforderungen warten – und wie Plattformen dabei helfen können.
Die Unternehmensnachfolge ist eines der drängendsten Themen für den Mittelstand in Deutschland. In den kommenden Jahren stehen zahlreiche Betriebe vor der Herausforderung, einen geeigneten Nachfolger zu finden – doch die Realität zeigt, dass dies oft schwieriger ist als erwartet. Florian Adomeit, Mitgründer der Plattform Amber by DealCircle, die sich auf Unternehmensverkäufe spezialisiert hat, erläutert die aktuelle Marktlage, die größten Hürden und Lösungsansätze, um Unternehmen erfolgreich in neue Hände zu übergeben.
Laut aktuellen Schätzungen stehen in den kommenden Jahren an die 215.000 Unternehmen in Deutschland zur Nachfolge an1. Besonders betroffen sind Betriebe, deren Eigentümer der Babyboomer-Generation angehören und nun in den Ruhestand treten. „Viele Unternehmensinhaber stehen vor dem Problem, dass ihre Kinder kein Interesse an der Fortführung des Geschäfts haben oder schlicht keine Familie existiert, die übernehmen könnte“, erklärt Florian Adomeit. Während große Unternehmen oft über Berater gezielt Käufer ansprechen können, fehlt kleineren Betrieben der Zugang zu strukturierten Verkaufsprozessen. Das Fehlen einer klaren Nachfolgelösung führt oft dazu, dass wirtschaftlich gesunde Unternehmen letztlich geschlossen werden müssen. Amber setzt genau hier an: Die Plattform verbindet Käufer und Verkäufer, um die Markttransparenz zu erhöhen und Nachfolgeregelungen zu erleichtern (s. auch Infokasten).
Besonders gefragt sind aktuell IT-Dienstleister, Handwerksbetriebe sowie B2B-Dienstleistungsunternehmen, da sie langfristige Kundenbindungen haben und stabile Erträge erwirtschaften. „Handwerksbetriebe, insbesondere im Bereich Sanitär, Heizung und Klima (SHK), sind stark gefragt, denn sie sind krisensicher und haben meist hohe Auftragslagen“, führt Adomeit weiter aus. Demgegenüber stehen Branchen mit strukturellen Problemen wie die Automobilzuliefererindustrie. Hier erschweren technologische Umbrüche und eine hohe Abhängigkeit von wenigen Kunden eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge. Ebenso schwierig gestaltet sich der Verkauf von Unternehmen, die von einem einzigen Inhaber stark abhängig sind oder keine klaren Prozesse etabliert haben. Unternehmen mit komplexen technologischen Anforderungen oder veralteten Strukturen stehen ebenfalls vor Herausforderungen, da potenzielle Käufer oft hohe Investitionen in die Modernisierung einkalkulieren müssen.
Verschiedene Nachfolgemodelle – Welche Optionen gibt es? |
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Die Nachfolge eines Unternehmens kann auf verschiedene Weise geregelt werden. Je nach individueller Situation und Zielsetzung bieten sich unterschiedliche Modelle an: Interne Nachfolge – Das Unternehmen wird innerhalb der Familie oder an langjährige Mitarbeiter übergeben. Dies kann als klassische familieninterne Nachfolge oder als Management-Buy-Out (MBO) erfolgen, bei dem bestehende Führungskräfte das Unternehmen übernehmen. Vorteil: Die Nachfolger kennen das Unternehmen bereits und können Kontinuität sichern. Herausforderung: Oft fehlen finanzielle Mittel oder unternehmerisches Interesse innerhalb der Familie oder Belegschaft. Externe Nachfolge – Verkauf des Unternehmens an strategische Investoren, Private Equity oder Privatinvestoren. Dies kann durch einen klassischen Verkauf oder einen Management-Buy-In (MBI) geschehen, bei dem eine externe Führungskraft das Unternehmen übernimmt. Vorteil: Meist höhere Verkaufspreise, Zugang zu neuen Ressourcen und Wachstumsstrategien. Herausforderung: Neue Eigentümer müssen sich oft erst in bestehende Strukturen einarbeiten und Vertrauen von Mitarbeitern und Kunden gewinnen. Hybridmodelle & Beteiligungen – Neben einer vollständigen Übergabe gibt es auch Zwischenlösungen, wie Teilverkäufe oder Beteiligungsmodelle. Der bisherige Inhaber bleibt beispielsweise als Berater oder Mitgesellschafter an Bord, während der Nachfolger schrittweise mehr Verantwortung übernimmt. Vorteil: Langsame Übergabe, geringeres Risiko für Käufer und Verkäufer. Herausforderung: Klare vertragliche Regelungen sind nötig, um zukünftige Konflikte zu vermeiden. Earn-Out-Modelle – Hierbei wird ein Teil des Kaufpreises an zukünftige Unternehmensergebnisse gekoppelt. Der Verkäufer erhält zunächst eine Grundsumme, während weitere Zahlungen an die künftige Performance des Unternehmens gebunden sind. Vorteil: Der Käufer reduziert sein finanzielles Risiko, der Verkäufer kann vom zukünftigen Wachstum profitieren. Herausforderung: Abhängigkeit vom Käufermanagement, potenzielle Konflikte bei der Bewertung zukünftiger Erfolge. Welches Modell die beste Lösung darstellt, hängt von der finanziellen, strategischen und persönlichen Situation des Verkäufers ab. Viele Inhaber unterschätzen dabei die Bedeutung einer frühzeitigen Planung und einer klaren Strategie für die Nachfolge. |
Ein zentrales Problem im Markt ist die Diskrepanz zwischen den Preisvorstellungen der Verkäufer und der tatsächlichen Zahlungsbereitschaft der Investoren. „Viele Unternehmer warten lieber noch ein paar Jahre ab, in der Hoffnung auf bessere Verkaufsbedingungen. Doch die Nachfolgewelle stoppt nicht, und das könnte dazu führen, dass viele Betriebe ohne Käufer bleiben und letztlich schließen müssen“, warnt Adomeit. Der demografische Wandel verstärkt das Problem zusätzlich, da sich immer mehr ältere Unternehmer ohne Nachfolgeplanung wiederfinden. Für viele ist der Verkauf des Unternehmens zudem nicht nur eine finanzielle, sondern auch eine emotionale Entscheidung. Die enge Bindung zu Betrieb und zu den Mitarbeitern kann dazu führen, dass sich der Verkaufsprozess hinauszögert.
Hinzukommt: Während große Unternehmen oft gut dokumentierte Prozesse und Finanzstrukturen haben, stehen kleine Betriebe häufig vor dem Problem mangelnder Markttransparenz. „Viele kleinere Unternehmen haben keine strukturierten Finanzberichte, sind stark von einer einzigen Führungskraft abhängig oder haben unklare Kundenbindungen. Das erschwert es Käufern, den Wert solcher Unternehmen einzuschätzen und ein Übernahmeangebot zu machen“, so Adomeit. Die Plattform Amber2 soll helfen, solche Ineffizienzen zu reduzieren und Käufer gezielt auf passende Unternehmen aufmerksam zu machen. Dabei würden Amber und auch andere Plattformen keine M&A-Berater ersetzen, sondern deren Arbeit ergänzen, betont Adomeit. „Wir automatisieren den Prozess der Käuferidentifikation, aber die persönliche Beratung bleibt essenziell. Ein M&A-Berater hilft Unternehmern bei der strategischen Verkaufsplanung, Verhandlungen und der rechtlichen Strukturierung des Deals.“ Besonders bei komplexen Transaktionen sei die Kombination aus Technologie und persönlicher Expertise entscheidend.
Über Amber |
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Amber ist eine spezialisierte Plattform, die Käufer und Verkäufer von Unternehmen direkt miteinander verbindet. Sie legt besonderen Wert auf Sicherheit, Transparenz und Benutzerfreundlichkeit, um den Prozess der Unternehmensnachfolge effizient zu gestalten. Die Plattform bietet intelligente Suchalgorithmen und präzise Filtermöglichkeiten, um passende Deals schnell zu finden. Zudem können Nutzer ohne Registrierung ausgewählte Angebote einsehen. Kostenstruktur: Für Verkäufer: Das Listen von Unternehmen auf Amber ist für Verkäufer kostenlos. Für Käufer: Die Nutzung der Plattform ist für Käufer ebenfalls kostenfrei. Eine Vermittlungsgebühr fällt nur an, wenn es tatsächlich zu einem erfolgreichen Abschluss kommt. Diese liegt bei 2 Prozent des Transaktionsvolumens. Zusätzlich bietet Amber eine kostenpflichtige „Professional“-Mitgliedschaft für Käufer an, die ihnen einen erweiterten Zugang zu exklusiven Unternehmensangeboten ermöglicht. Diese Mitgliedschaft kostet zwischen 30 und 50 Euro pro Monat, je nach gewählter Laufzeit. So können Käufer frühzeitig interessante Unternehmen identifizieren und mit Verkäufern in Kontakt treten. Funktionsweise:
Zielgruppen: Amber richtet sich an Unternehmer, die einen Nachfolger suchen, sowie an Investoren und Privatpersonen, die ein Unternehmen erwerben möchten. |
Dem Amber-Mitgründer zufolge lassen sich Käufer in drei Hauptkategorien einteilen:
„Viele glauben, dass sie ein Start-up gründen müssen, um Unternehmer zu werden, dabei kann der Kauf eines etablierten Unternehmens oft der klügere Weg sein“, gibt Adomeit zu bedenken. Besonders attraktiv seien Unternehmen, die sich durch digitale Transformation und Prozessoptimierung weiterentwickeln lassen.
Ein Unternehmen erfolgreich zu übernehmen, bedeutet mehr als nur einen Kaufvertrag zu unterzeichnen. Florian Adomeit betont die Bedeutung eines behutsamen Übergangs: „Die größte Gefahr ist, dass der neue Inhaber sofort alles umkrempeln will. Es ist essenziell, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen, mit den Mitarbeitern und Kunden zu sprechen und die Unternehmensprozesse zu verstehen.“ Als Best Practice empfiehlt er, den alten Eigentümer für eine Übergangsphase an Bord zu behalten. Häufig werden Unternehmensverkäufe so strukturiert, dass ein Teil des Kaufpreises erst nach einer erfolgreichen Übergabe ausgezahlt wird. Dies schafft eine zusätzliche Sicherheit für Käufer und sorgt für einen sanften Übergang. Insbesondere die Kommunikation mit den Mitarbeitern und Kunden spielt eine entscheidende Rolle, um Vertrauen aufzubauen und Widerstände gegen Veränderungen zu minimieren.
Ein entscheidender Faktor für die erfolgreiche Übernahme eines Unternehmens ist die Digitalisierung. Viele bestehende Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, haben ihre Prozesse über Jahre hinweg kaum verändert und arbeiten noch mit veralteten Strukturen. Dies bietet Nachfolgern eine große Chance: „Wer technologische Kompetenzen mitbringt, kann viele Unternehmen effizienter und profitabler machen“, sagt Adomeit.
Digitale Prozesse helfen nicht nur, Kosten zu senken, sondern auch, die Skalierbarkeit eines Geschäftsmodells zu erhöhen. Besonders relevant sind hierbei:
„Gerade IT- und digitalaffine Käufer haben hier einen großen Vorteil, weil sie durch technologische Verbesserungen schnell Mehrwerte schaffen können, die der bisherige Eigentümer vielleicht nicht erkannt hat“, so Adomeit.
Die Unternehmensnachfolge ist ein wachsendes, aber oft unterschätztes Problem in Deutschland. Während große Unternehmen meist strukturiert Käufer finden, stehen viele KMU vor der Herausforderung, passende Nachfolger zu identifizieren. Ohne geeignete Käufer droht vielen Betrieben die Schließung, was langfristig Arbeitsplätze und wirtschaftliche Stabilität gefährdet.
Plattformen wie Amber setzen hier an und schaffen einen Marktplatz, der sowohl Käufern als auch Verkäufern Orientierung bietet. Sie schaffen Markttransparenz und erleichtern den Verkaufsprozess, doch ohne eine frühzeitige Nachfolgeplanung und professionelle Unterstützung bleibt das Risiko groß. „Wir wollen keine Eliteplattform sein, sondern jedem Unternehmer den Zugang zum Markt ermöglichen. Denn am Ende geht es darum, wirtschaftliche Werte zu erhalten und die Nachfolge nicht dem Zufall zu überlassen“, fasst Adomeit zusammen.
1 https://www.sage.com/de-de/blog/generationenwechsel-im-mittelstand-nachfolge-2025/
2 https://www.amber.deals/
Nachfolgeförderung durch die KfW: https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Unternehmen/Gr%C3%BCnden-Nachfolgen/Nachfolge/